Ein insgesamt verdienter Sieg, denn über die gesamten 90 Minuten vermittelte das Team von Marcel Koller den Außenstehenden einfach den größeren Siegeswillen. Und als Schiedsrichter Knut Kircher, der zum dritten Mal in Folge die Partie VfL gegen Schalke leitete, nach 94 Minuten abpfiff, da kannte der Jubel bei den Gastgebern, die den Sprung auf einen Nichtabstiegsplatz schafften, keine Grenzen.
VfL-Trainer Marcel Koller: "Ich freue mich über den Sieg. Gerade für unsere Fans, denn ich weiß, was ihnen dieser Erfolg bedeutet." Und dann fügte er nicht ohne Stolz hinzu: "Wir hatten sogar noch Chancen für mehr Tore."
Still und heimlich hatte Koller seine Mannschaft, nicht nur der Not gehorchend, in der Viererkette total umgestellt. Für die verletzten Marcel Maltritz, Anthar Yahia und Matias Concha spielten Mergim Mavraj, Marc Pfertzel und Oliver Schröder. Auch taktisch hatte der Schweizer Überraschungen parat. So rückte Kapitän Christoph Dabrowski gegen die total offensiv ausgerichteten „Königsblauen“ auf die Doppelsechs neben Daniel Imhof. Wichen Stanislav Sestak (rechts) und Mimoun Azaouagh (links) auf die Flügel aus, spielte Joel Epalle ein bisschen hinter der einzigen Spitze Diego Klimowicz. Angesichts der argen Personalnot besannen sich auch die Bochumer Anhänger nicht nur auf einem großen Transparent auf das Wesentliche: "Das Einzige was zählt seid ihr und wir - gemeinsam zum Derbysieg!"
Doch bis dahin war es ein weiter Weg.
So bilanzierte Schalke-Coach Fred Rutten zur Pause: "Wir hatten die Kontrolle über das Spiel. Der VfL hatte zwar viele Ecken, aber nichts daraus gemacht. Das 1:0 hätten wir mit in die Kabine nehmen müssen."
Dabei vergaß der Gäste-Coach, dass die Schalker Führung eigentlich ein Geschenk von Daniel Fernandes war. Der portugiesische Nationalkeeper, der noch am Mittwoch gegen Finnland für sein Land zum Zuge gekommen war, ließ einen Altintop-Schuss aus 18-Metern vor die Füße von Kevin Kuranyi abklatschen, der keine Mühe hatte, das 0:1 zu erzielen. Einmal mehr schien Bochum an den eigenen Nerven und den Unzulänglichkeiten im Abschluss zu scheitern. So als Sestak (42.) frei an Neuer scheiterte.
Doch zwei Minuten später waren auch die Fans des Abstiegskandidaten wieder glücklich. Azaouagh tauchte plötzlich auf der rechten Seite auf, nutzte ein Zuspiel von Schröder zum sehenswerten Ausgleichstreffer (44.). Rutten: "Ich muss auch sagen, dass das 1:1 ein super Tor war." Und im Bochumer Lager nährte sich die Hoffnung, dass in diesem Spiel mehr drin war als man vorher vielleicht nur erhofft hatte.
Denn obwohl Schalke die zweite Hälfte furios begann und angetrieben von Jefferson Farfan auf der rechten Seite unheimlich viel Druck machte, ließ sich der VfL nicht beirren. Obwohl Gerald Asamoah die Riesenchance (48.) hatte, die er aus fünf Metern kläglich vergab. Und dann schlug die Stunde des Christoph Dabrowski. Der Kapitän, der erstmals in einem Pflichtspiel die Binde der Hausherren trug, kam nach einem unzureichend abgewehrten Klimowicz-Schuss an den Ball, zögerte, ja verstolperte fast schon provozierend und schoss dann ein. Nicht von ungefähr, denn Dabrowski ging im Derby nicht nur verbal voran. Immerhin war der Treffer zum 2:1 (57.) bereits sein fünftes Saisontor.
Der Rest ist schnell erzählt: Schalke stürmte und stürmte, aber die größten Chancen hatten Sestak (71.) und Klimowicz (81.). Klar, um so ein Derby zu gewinnen, braucht man auch eine Portion Glück. Christian Panders Freistoß (89.) klatschte an den Pfosten. Zu diesem Zeitpunkt hätte Schalke schon dezimiert sein müssen. Denn einen klaren Elfmeter und eine Rote Karte, das gestand Schiri Knut Kircher später ein, hatte er bei einem Ellbogenstoß von Rafinha gegen Sestak übersehen. Koller: "Ich muss meiner Mannschaft ein großes Kompliment machen. Wie sie sich behauptet hat, das war großartig." Sein Gegenüber Rutten dagegen: "Wir haben in der zweiten Halbzeit nicht so guten Fußball gespielt."
Die langsam verzweifelnden Schalke-Fans sahen es vermutlich noch etwas drastischer.