Freiburg zieht vors Sportgericht, der kuriose Wechselfehler hat ein Nachspiel - und die Meisterschaft könnte doch nochmal etwas an Spannung gewinnen: Bayern München droht nach seiner peinlichen Panne der Abzug von drei Punkten. Die Breisgauer legten am Montag kurz vor Fristende Einspruch gegen die Wertung der Partie ein, nun muss das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) über mögliche Folgen entscheiden.
Der SC Freiburg betonte, sich in einem „unverschuldeten Dilemma“ zu befinden. Die Situation zwinge den Klub „in eine aktive Rolle“, an der er kein Interesse habe. Ein Motiv für den Einspruch sei es, für die Zukunft „Rechtssicherheit in vergleichbaren Fällen“ zu schaffen. Zudem gehe es um die „Wahrnehmung der Gesamtverantwortung für den Verein in wirtschaftlicher als auch sportlicher Hinsicht.“
Doch die Erfolgsaussichten des Protests sind ungewiss. Da wäre zum einen die überraschende Grauzone im Regelwerk. Selbst Experten zeigten sich unsicher, ob in diesem Fall die Fußballregeln des DFB oder die Rechts- und Verfahrensordnung des Verbandes anzuwenden sind. Dazu bliebe die Frage, ob das Sportgericht die Schuld eher dem Schiedsrichterteam um Christian Dingert oder den Münchnern anlastet. Schiedsrichterlehrwart Wagner sieht die Verantwortung bei Dingert.
„Normalerweise hätte er oder jemand aus seinem Team sich vor der Spielfortsetzung vergewissern müssen, dass die Anzahl der Spieler stimmt. Das hat er nicht gemacht und somit ist es ein Fehler des Schiedsrichters“, sagte der 58-Jährige im Interview mit Spox und Goal. Für die Auswechselvorgänge sei „nicht der FC Bayern zuständig“, ergänzte der in Freiburg als Schiedsrichter-Beobachter eingesetzte Knut Kircher beim SWR.
Bei einem Punktabzug hätte der Rekordmeister in der Tabelle „nur“ noch sechs Zähler Vorsprung auf den ersten Verfolger Borussia Dortmund, die Tür für ein echtes Meisterrennen würde sich wieder einen Spalt weit öffnen. Die Freiburger würden bei einer Zuerkennung der Punkte zu RB Leipzig auf Champions-League-Platz vier aufschließen.
Beim 4:1-Erfolg hatten die Münchner in der 86. Minute für 16 Sekunden mit zwölf Mann gespielt, nachdem Kingsley Coman bei einem Doppelwechsel nicht rechtzeitig den Platz verlassen hatte. Zuvor war von Bayern-Teammanagerin Kathleen Krüger eine falsche Rückennummer hochgehalten worden. „Die Tafel ist eine Unterstützung und damit ein Hilfsmittel. So etwas kann immer passieren, und nochmal: Am Ende ist der Schiedsrichter verantwortlich“, sagte der ehemalige Unparteiische Wagner.
Neben den Unklarheiten im Regelwerk sowie der Schuldfrage bliebe zusätzlich noch die Tatsache, dass die Überzahl keinerlei Einfluss auf das Endergebnis hatte. Er sehe darin nichts „Spielentscheidendes“, sagte Bayern-Trainer Julian Nagelsmann: „Es passieren Fehler. Aus Sicht beider Mannschaften und des fairen Sports war nichts dabei, was gegen ein faires Spiel spricht.“
Freiburg-Coach Christian Streich echauffierte sich, dass der SC für Ermittlungen des Sportgerichts selbst aktiv werden musste: „Es gibt ein Regelwerk. Diesem unterliegen wir und danach wird gehandelt“, sagte der 56-Jährige: „Ich verstehe es nicht mit diesem Einspruch einlegen.“
Im moralischen Dilemma zwischen dem Ausschöpfen aller juristischen Möglichkeiten zur Steigerung der Chancen auf die Champions-League-Millionen und der Gefahr als schlechter Verlierer dazustehen, entschied sich der SC für den Rechtsweg und den womöglich winkenden Geldsegen.
„An dieser aktiven Rolle, die uns wider Willen verfahrenstechnisch zugefallen ist, haben wir grundsätzlich keinerlei Interesse und fühlen uns in dieser ausgesprochen unwohl“, teilten die Breisgauer am Montag mit. Dennoch wird die Wechselpanne der Bayern nun vor dem Sportgericht zum Präzedenzfall.