Gut zehn Jahre trug er als Spieler das königsblaue Trikot, ehe er fast fünf Jahre zunächst als kickender Co- und später verantwortlicher Trainer der zweiten Mannschaft im Schalker Nachwuchs arbeitete. Nachdem Mirko Slomka als Chefcoach der S04-Profis entlassen wurde, war es nur für ihn eine große Überraschung, dass ihn Manager Andreas Müller darum bat, gemeinsam mit seinem Teamkollegen aus den guten alten "Eurofighter" -Zeiten Youri Mulder fünf Wochen lang als Interims-Chefcoach einzuspringen. Warum sich "Buyo" nach dem kurzen Schnuppern an der Macht gerne wieder ins zweite Glied zurückzieht und dem neuen Schalker Trainer Fred Rutten gerne als Assistent zur Seite steht, erklärt er im folgenden Interview. Mike Büskens, können Sie uns noch einmal genau den Ablauf des 12. und 13. April schildern, als Sie plötzlich zum Schalker Cheftrainer wurden?
Das war ein Moment, in dem ich hin und her gerissen war. Auf der einen Seite war das für einen Fußballer, der über ein Jahrzehnt für den Verein gespielt hat, etwas Besonderes und natürlich eine reizvolle Angelegenheit. Auf der anderen Seite hatte ich noch eine Aufgabe zu erfüllen, die mir sehr am Herzen lag, nämlich die Reserve zurück in die Regionalliga zu führen. Daher konnte ich Andy Müller, als er mich am Samstagabend gegen halb elf zu Hause anrief und mich bat, oben einzuspringen, auch nicht sofort zusagen, sondern habe ihn gebeten, sich das mit mir bis zum anderen Morgen noch einmal zu überlegen.
Das hat er nicht getan! Nein, er hat am Sonntagmorgen wieder angerufen, also habe ich mich dieser neuen Aufgabe gestellt. Als ich mich dann am Nachmittag nach dem Oberliga-Spiel in Hamm von meiner Mannschaft verabschieden musste, war das sehr schwer für mich. Andere Trainer warten nur auf solch eine Riesenchance, Sie anscheinend nicht. Warum ist das so? Meine Lebensplanung sah und sieht nicht vor, dass ich an anderen Stühlen kratze. Als ich 2003 meinen Fußballlehrer absolviert habe, war es nie mein Ziel, diesen Trainerschein dafür zu verwenden, um Schalke in der Bundesliga zu coachen. An der Schnittstelle zwischen Profis und Nachwuchs, wo ich mit Sven Kmetsch einen perfekten Partner an meiner Seite hatte, fühlte ich mich sehr gut aufgehoben. Für mich war daher nicht entscheidend, in welcher Liga ich eine Mannschaft betreue, sondern dass mir die Jungs sagen: Das hat mir etwas gebracht.
In den letzten sechs Spielen der vergangenen Saison haben Sie und Mulder 16 von 18 möglichen Punkten geholt und waren rein statistisch gesehen der erfolgreichste Schalker Trainer aller Zeiten! Diese fünf Wochen hätten auch anders laufen können, machen wir uns mal nichts vor. Das Eis, auf dem Youri und ich uns bewegt haben, war schon sehr dünn. Und außerdem möchte ich nicht, dass meine Kinder irgendwann lesen, was für ein blinder Trainer ihr Vater ist. Wenn man ehrlich ist, muss man ständig damit rechnen, wenn man diesen Posten in der Bundesliga innehat. Daher bin ich sehr froh, dass man diese kurze Zeit auf Schalke gut in Erinnerung behalten wird und nun beginnt ein neues Kapitel.
Was erwarten Sie von Ihrer neuen Aufgabe als Assistent von Fred Rutten? Ich denke, dass wir alle im Trainer- und Betreuerstab sehr viel von ihm lernen können. Er besitzt eine gewisse Vorbildfunktion, weil sein Weg ähnlich wie meiner war. Er hat in Enschede und Eindhoven auch als Nachwuchs-Koordinator gearbeitet und war unter Guus Hiddink sogar noch einmal Co-Trainer, nachdem er in Enschede schon Chef-Coach war. Er hat sich nach und nach entwickelt, ist einen Schritt nach dem anderen gegangen, was in Holland übrigens absolut üblich ist. Man muss seine Karriere vernünftig planen. Jetzt sind wir dran, uns unter ihm weiter zu entwickeln. Ist er ein neuer Huub Stevens? Man kann Leute nie eins zu eins vergleichen, aber natürlich ist auch für Fred Rutten Disziplin ein wichtiger Faktor. Huub hat man immer als Disziplinfanatiker beschrieben, aber wenn man sich in einer größeren Gruppe bewegt, ist das doch eine Grundvoraussetzung. Ich sehe ihn als Teamplayer, dem unsere Meinung wichtig ist. Außerdem kann ich in meiner Funktion dafür sorgen, dass die Anbindung zwischen Profi- und Nachwuchsabteilung noch enger wird. Andreas Müller ist vollkommen von Rutten überzeugt. Kann er sogar Schalkes Sehnsucht nach der Meisterschaft endlich stillen? Ich hoffe schon! Das erwarte man ja jetzt von jedem neuen Trainer, weil der Verein nun schon 50 Jahre danach giert, endlich die Schale in Gelsenkirchen zu haben. Man kommt aber weiter, wenn man sich realistische Ziele setzt. Bayern München ist von den wirtschaftlichen Voraussetzungen noch einige Schritte vor uns, aber wir müssen dann da sein, wenn sie Schwäche zeigen.
Ihr Vertrag läuft, genau wie der von Rutten, bis 2010. In diesen beiden Jahren können zwei Dinge passieren: Falls es nicht so läuft wie erhofft, dürften Sie erneut der Erste sein, dessen Name man als Nachfolger ins Spiel bringt. Auf der anderen Seite könnte die Vereinsführung auch den Co-Trainer gleich mit entlassen, dann wäre Ihre schöne Zeit auf Schalke vermutlich zu Ende! Was soll ich mich mit solchen Dingen beschäftigen? Wenn mir einer am 11. April dieses Jahres gesagt hätte, ich würde in den letzten sechs Spielen in der Verantwortung stehen, hätte ich mit dem Kopf geschüttelt. Genau so hätte ich reagiert, wenn mir einer am 15. April gesägt hätte, wir würden 16 von 18 Punkten holen. Ich gehe fest davon aus, dass Fred Rutten seinen Vertrag mindestens erfüllt, wenn nicht sogar länger hier arbeitet. Noch einmal: Es ist nicht meine Philosophie darauf zu warten, dass ich auf diese Art auf der Karriereleiter eine Stufe höher klettern könnte. Ich bin dankbar dafür, dass ich in diesem Verein arbeiten kann. Und vor drei Jahren war bei mir die Lampe aus, also soll ich mir Gedanken machen, was in zwei Jahren ist? Ich habe mich einmal mit der Zukunft auseinandergesetzt, als ich im Schalker Jahrbuch gesagt habe, wir würden 2016 die Champions League holen. Nun tue ich gut daran, all diesen Dingen in meinem Leben mit einer gewissen Demut zu begegnen.