Hertha BSC nahm sich viel Zeit - und ließ dann mit einem Paukenschlag aufhorchen: Jürgen Klinsmann übernimmt beim Berliner Hauptstadtklub bis Saisonende das Traineramt vom glücklosen Ante Covic. Offiziell vorgestellt wird der frühere Bundestrainer und Mitgestalter des Sommermärchens von 2006 bei einer Pressekonferenz am Mittwochnachmittag (14.30 Uhr).
Klinsmann (55), der seit wenigen Wochen auf Bestreben von Investor Lars Windhorst im Hertha-Aufsichtsrat sitzt, wird am Samstag (15.30 Uhr/Sky) im Heimspiel gegen Borussia Dortmund erstmals auf der Bank sitzen. Zehn Jahre nachdem er bei Rekordmeister Bayern München krachend gescheitert war, kehrt Klinsmann als Coach in die Bundesliga zurück.
Schon nach seiner Ernennung in den Aufsichtsrat hatte Klinsmann großen Eifer gezeigt. „Ich freue mich, dass ich in Zukunft ein bisschen an Hertha BSC mitbasteln darf“, hatte er gesagt. Seine Verantwortung ist nun deutlich größer geworden, Hertha steckt mitten im Abstiegskampf.
Die Bundesliga freut sich derweil auf den Rückkehrer. „Wir spielen vor Weihnachten noch zu Hause gegen Hertha, ich werde den Jürgen zum Kaffee einladen. Ich freue mich für ihn, dass er wieder da ist“, sagte Sport-Geschäftsführer Rudi Völler von Ligakonkurrent Bayer Leverkusen: „Mit seinem Ehrgeiz, den er schon als Spieler hatte, wird er bei den Berlinern zeigen, was in ihm steckt.“
An der Seitenlinie hatte Klinsmann zuletzt die Nationalmannschaft der USA (2011 bis 2016) betreut. Zurzeit kommentiert er als Experte für RTL die Spiele der deutschen Nationalmannschaft. Bundestorwarttrainer Andreas Köpke, der genau wie Joachim Löw bei der Heim-WM 2006 zu Klinsmanns Assistenten gehörte, soll künftig Herthas Keeper in Form bringen. „Sommermärchen reloaded“, twitterte dazu passend Ex-Nationalspieler Lukas Podolski. Als Co-Trainer ist der frühere Werder-Chefcoach Alexander Nouri im Gespräch.
Klinsmann ist Hertha seit vielen Jahren verbunden. Er ist Vereinsmitglied und wurde schon durch Vater Siegfried, der ein glühender Fan der Alten Dame war, für Hertha emotionalisiert. Außerdem spielte sein Sohn Jonathan von 2017 bis 2019 als Torwart für den Klub.
Das Experiment mit Covic ist dagegen gescheitert. Nach dem 0:4 am vergangenen Sonntag und dem Sturz in der Tabelle auf Rang 15 hatte der frühere Jugendcoach keine Chance mehr auf eine Weiterbeschäftigung. Der 44-jährige hatte vor knapp fünf Monaten als Nachfolger von Pal Dardai seine erste Station in der Bundesliga angetreten, eine Weiterentwicklung war unter Covic aber nicht zu erkennen.
„Die Entscheidung ist uns ungeheuer schwergefallen, denn Ante ist seit mehr als 20 Jahren Teil von Hertha BSC“, sagte Geschäftsführer Michael Preetz: „Letztlich waren wir mit Blick auf die Entwicklung und die letzten Resultate der Meinung, dass Handlungsbedarf bestand.“
Nach dem Trainer-Rauswurf wird der Druck auf Preetz größer. Investor Windhorst, der 224 Millionen Euro für 49,9 Prozent der KGaA-Anteile bezahlt hat, will Hertha BSC als nationalen Spitzenklub („Big City Club“) und Dauergast im Europapokal sehen. Dafür muss Preetz den passenden Trainer finden, der ab der kommenden Saison langfristig übernehmen soll.
Der Wunschkandidat vieler Fans heißt Niko Kovac. Der bei Bayern München entlassene Coach mit Berliner Wurzeln wollte laut kicker in dieser Saison keinen neuen Verein übernehmen. Im nächsten Sommer könnte Kovac dann aber für Hertha frei sein. sid