Peter Bosz konnte es kaum glauben. "Wir hatten mehr verdient, es war mehr drin", konstatierte der Chefcoach von Bayer Leverkusen, nachdem seine Mannschaft auch das nächste "Endspiel" um einen Europacupplatz mit 2:4 (2:1) gegen RB Leipzig verloren hatte. Eine gute erste Hälfte und zwei Tore des einmal mehr überragenden Kai Havertz (11., Foulelfmeter/23.) reichten aber nicht.
"Vier Gegentore sind einfach zu viel", sinnierte der niederländische Fußballlehrer, "daran müssen wir arbeiten." Es scheint fast so, als ob Bosz mit Verzögerung von seinem Dortmund-Trauma eingeholt wird. Beim BVB musste er nach hervorragendem Start und fußballerischen Leckerbissen noch vor Ende der Hinserie am 10. Dezember 2017 gehen. Die Gegner hatten die BVB-Spielweise unter Bosz analysierte und den Code geknackt. So ähnlich scheint es nun bei Bayer wieder zu sein.
1:3 gegen Werder Bremen, 1:4 bei der TSG Hoffenheim und jetzt die Pleite gegen Leipzig. Bayer kann zwar in der Offensive jeden Gegner in Grund und Boden spielen, aber in der Defensive auch von fast jedem Gegner auseinandergenommen werden. Die Abwehr ist anfällig, das teilweise wunderschön anzuschauende Offensivspiel bringt nicht den Ertrag, der eigentlich herausspringen müsste.
Das weiß auch Bosz: "Wir hätten in der ersten Halbzeit 2:0 führen müssen, kassieren aber durch einen Konter das 1:1. Das passiert zu oft, im Fußball geht es um Tore. Daran werden wir arbeiten." Es hat oft den Anschein, als ob sich die Bayer-Asse manchmal zu sehr am eigenen Spiel ergötzen.
Ein immer wiederkehrendes Szenario, das den Coach förmlich verzweifeln lässt. "Ich weiß genau, woran es liegt", sagte Bosz, "aber das werde ich nicht hier den Journalisten sagen, sondern meiner Mannschaft." Das Saisonziel Europacup ist in großer Gefahr. Zweifeln nicht allmählich auch die Bayer-Profis an seiner risikoreichen Offensiv-Taktik? Bosz: "Zweifel gibt es bei mir nicht, ich hoffe, dass auch die Spieler nicht zweifeln. Aber da müssen Sie sie selber fragen."
In Dortmund haben die Verantwortlichen recht bald die Reißleine gezogen, weil das Bosz-System nicht funktionierte, Peter Stöger führte die Schwarz-Gelben stattdessen in die Champions League.
In Leverkusen scheint man gewillt, nicht vom Coach abzurücken. "Wir haben ein gutes Spiel gemacht", meinte Mitchell Weiser, dessen Handspiel im Strafraum nach Videobeweis in der 71. Minute die Heimpleite einleitete. Emil Forsberg verwandelte zum 3:2 für die Sachsen.
"Das war nie und nimmer ein Strafstoß", lamentierte Weiser, wenngleich die TV-Bilder zeigten, dass der Arm abgespreizt war. "Der Arm war angewinkelt", widersprach der Ex-Berliner. Es passte ins Bild eines erneut verkorksten Nachmittags für die Werkskicker. sid