Dass Thomas Doll auch aus der Haut fahren kann, ist seit seiner legendären Wutrede bekannt. Zum Ende der Saison 2007/2008 rechnete der damalige Trainer von Borussia Dortmund mit den Medien ab. Knapp elf Jahre später bekamen seine Spieler die Wut des ehemaligen Nationalspielers ab.
Nach dem peinlichen 1:5 von Hannover 96 beim VfB Stuttgart pustete Trainer Thomas Doll einmal kräftig durch und fällte dann ein vernichtendes Urteil über seine Mannschaft. «Ich bin ja schon lange im Geschäft. Aber so einen Auftritt habe ich auch noch nicht gesehen. Es ist schwer, Worte zu finden. Ich habe mich geschämt, jeder sollte sich schämen», sagte der 52-Jährige am Sonntag nach der Niederlage im Kellerduell der Fußball-Bundesliga. «Das, was wir da abgeliefert haben, das hatte mit Bundesliga nichts zu tun.»
Hannover-Trainer Doll sieht "Grottenkick" in Stuttgart
Doll ist erst seit fünf Spielen Trainer des Tabellenvorletzten und scheint schon jetzt an der von Manager Horst Heldt und seinem Vorgänger André Breitenreiter zusammengestellten Mannschaft zu verzweifeln. «Was soll man nach einem 1:5 sagen? Nach so einem saft- und kraftlosen Auftritt in der ersten Halbzeit?», fragte er und schimpfte über den «Grottenkick». 0:1 nach vier Minuten, 0:2 nach 16 und 0:3 nach 45 Minuten - Doll war schon zur Pause restlos bedient.
Hilfreich für die Tabellensituation mit weiterhin einem Punkt Vorsprung auf Schlusslicht 1. FC Nürnberg aber nun fünf Zählern Rückstand auf den VfB und Rang 16 war das Ergebnis ohnehin nicht. «Die Tabelle sieht ja auch nicht so gut aus. Aber das Schlimmste war der Auftritt», sagte Doll. Oder, wie es der eingewechselte Marvin Bakalorz formulierte: «Es fühlt sich so ein bisschen an wie Treibsand. Man will raus, man will strampeln, aber irgendwie kriegt man es nicht aufs Parkett.»
Bei Bakalorz war die Enttäuschung riesig. «Ich kann es mir nicht erklären. Alles war zu behäbig. Wir kommen in jeder Situation einen Schritt zu spät. So kannst du dich in der Bundesliga nicht präsentieren. Wir waren überhaupt nicht eklig», sagte er und fügte hinzu: «Ob die Mannschaft zu lieb ist oder nicht, weiß ich nicht. Auf jeden Fall stehen wir da. Wenn du das Fußball-ABC nicht auf den Platz bringst, wird es schwer.»
Nur der VfB erweckte den Eindruck, unbedingt in der Liga bleiben zu wollen. Was Hannover dagegen anbot, war über weite Strecken nicht bundesligatauglich. Einsatzbereitschaft, Zweikampfverhalten, Offensivstärke - den Gästen mangelte es an fast allem. Hinzu kamen immer wieder teils katastrophale Abwehrschnitzer. «Das darf nicht passieren. Woche für Woche kommen solche Böcke zustande und das ärgert mich. Maßlos», sagte Doll vor der Heimreise nach Hannover. Nächster Gegner der Niedersachsen am kommenden Sonntag: Europapokalanwärter Bayer 04 Leverkusen. (dpa, RS)