Horst Heldt wirkte auch lange danach noch geschockt. "So geht's nicht weiter", sagte der Manager von Hannover 96 nach dem desaströsen 0:2 (0:1) gegen Hertha BSC. Er erwarte nach dem Fall auf den vorletzten Platz jetzt "Ideen" und "Lösungsansätze", denn sonnst, das weiß Heldt nur zu gut, rückt die 2. Liga immer näher. Kein Wunder, dass Trainer Andre Breitenreiter ab sofort nur noch auf Bewährung arbeitet.
"Klar, dass die Frage kommt, dafür habe ich auch Verständnis", sagte Heldt, der seinem Trainer keine Jobgarantie für die Partie nächste Woche in Mainz geben wollte. Es wäre zwar "höchst deplatziert", nun "mit dem Finger auf jemanden zu zeigen", sagte der 48-Jährige, "aber es ist halt auch jeder gefordert, und die Abläufe sind immer dieselben".
Es hat sich etwas verändert in Hannover nach diesem Harmlos-Auftritt gegen Berlin. Hinten, in der Mitte und vorne - überall offenbarte 96 Mängel. Phasenweise waren die Niedersachsen erschütternd schlecht, sie wissen nicht, was sie mit dem Ball anfangen sollen. Schon nach 80 Minuten flüchteten viele Fans aus dem Stadion.
"Wenn sich das nicht ändert, wird es verdammt schwer", sagte Heldt über das Bild, das die Mannschaft abgab. Und so rückte er erstmals in dieser bisher so schwachen Saison etwas von Breitenreiter ab. "Ich weiß, dass Sie mich da festnageln wollen", sagte er: "Ich habe die Frage schon verstanden, auch beim ersten Mal."
Es bringe grundsätzlich nichts, "nach dem Spiel irgendwelche Bekenntnisse abzugeben - auf dem Platz brauche ich Bekenntnisse", sagte Heldt: "90 Minuten lang brauche ich Bekenntnisse."
Breitenreiter selbst war in der ganzen Aufregung um Ruhe bemüht. Es sei eine "schwierige Situation", keine Frage, gab er zu und sprach sich, seinem Team und dem ganzen Klub Mut zu. Drei Dinge seien jetzt wichtig: "Keine Schuldzuweisungen an andere". Sich "nicht beklagen, nicht jammern - arbeiten." Und: "Keine Ausreden suchen." Jeder sei gefordert, nun "Verantwortung zu übernehmen, um gemeinsam den Widerstand zu überwinden."
Doch Hannover taumelt ja nicht nur auf dem Platz, auch abseits des Rasens herrscht Aufregung pur. Präsident Martin Kind kämpft um die Allmacht im Klub, seine Gegner wollen die angestrebte Ausnahmegenehmigung von der so genannten 50+1-Regel unbedingt verhindern. Es wird intrigiert, Politik gemacht, eine außerordentliche Mitgliederversammlung soll Kind stürzen. Zudem berichtete die Sport Bild zuletzt, dass Hannover im Streit um eine umstrittene Satzungsänderung seitens der Deutschen Fußball Liga (DFL) eine Strafe bis hin zu einem Punktabzug droht, außerdem könnte die Lizenz für die kommende Spielzeit verweigert werden.
In diesen bewegten Zeiten "brauchen wir elf Männer auf dem Platz, das waren wir nicht", sagte Angreifer Niclas Füllkrug: "Da ist sehr viel Angst dabei." Und Torwart Michael Esser meinte: "Jetzt zeigt sich, wer seinen Mann steht oder sich versteckt." Auf Hannover kommen ungemütliche Tage zu. sid