Die Blicke gingen nach vorne rechts in die erste Reihe. Dort saß Amine Harit und blickte mit ernstem Gesichtsausdruck in die vielen Kameras, die auf ihn gerichtet waren. Fototermin für das Mannschaftsbild beim FC Schalke 04. Neuzugang Steven Skrzybski und Alessandro Schöpf hatten den Marokkaner in ihre Mitte genommen. Hier und da gab’s eine flüchtige Geste von den Teamkollegen, ansonsten versuchten alle, sich so normal wie möglich zu verhalten.
Amine Harit war am Montag, wie angekündigt, wieder auf Schalke zum Dienst angetreten. Das erste Mal seit dem Tag, an dem bei einem Autounfall in Marokko, in den Harit verwickelt war, ein Mensch ums Leben gekommen war.
Abseits des Rasenplatzes stand Manager Christian Heidel und war darauf bedacht, die richtigen Worte zu finden für das Unglück in Marokko, das er „eine Tragödie“ nennt – vor allem auch für die Familie des Opfers. Harit habe bei seiner Rückkehr nach Schalke „einen verhältnismäßig aufgeräumten Eindruck“ hinterlassen, berichtete Heidel.
Erste flüchtige Gespräche
Doch wie viel davon Fassade ist, weiß auch er nicht zu beurteilen: „Ich maße mir nicht an, dass ich einschätzen kann, wie er sich fühlt.“ Die ersten Gespräche waren flüchtig: am Morgen um Viertel nach neun mit Trainer Domenico Tedesco in der Kabine, danach später auch mit Heidel. Immerhin sah er dabei die Informationen bestätigt, die er schon vorab eingeholt hatte: Dass Harit juristisch ein Stück weit beruhigt sein kann. Ob ihm überhaupt noch eine Strafe droht, ist nicht bekannt – er durfte Marokko schon vor zehn Tagen verlassen und hielt sich seitdem an einem unbekannten Ort auf.
Der 21 Jahre alte Franko-Marokkaner hat seinen Pass und auch seinen Führerschein behalten – die ermittelnden Behörden haben nichts einbehalten. „Er muss auch nicht mehr nach Marokko zu einer Verhandlung“, berichtete Heidel. Allein dies führe vieles von dem ad absurdum, was zuletzt teilweise zu lesen war. Schalkes Manager: „Das eine oder andere Portal schreibt hier in Deutschland einfach alles ab, was da in Marokko an Blödsinn erzählt wird.“ Nur diesen Anflug an Ärger erlaubte sich Heidel aus Fürsorge gegenüber dem Spieler; ansonsten wählte er seine Worte mit Einfühlungsvermögen.
Amine Harit erschien am Montag nur anlässlich des Schalker Fototermins für eine halbe Stunde in der Öffentlichkeit; an der Trainingseinheit der Mannschaft am Vormittag auf dem Platz nahm er noch nicht teil, stattdessen absolvierte er den obligatorischen Leistungstest. An diesem Dienstag soll er aber wieder auf dem Platz trainieren, „ganz normal wie alle anderen Spieler“, kündigte Heidel an – jedoch findet die Einheit unter Ausschluss von Zuschauern statt.
Keine öffentliche Stellungnahme
Angesichts der Sensibilität des Themas hat Schalke dem Spieler auch geraten, zunächst keine öffentliche Stellungnahme zu dem Unfallgeschehen abzugeben – Heidel ist in Sorge, dass dabei etwas „falsch ausgelegt“ werden könnte. „Es wird aber der Tag kommen, an dem er sich mal äußert.“ Derzeit ist der 21 Jahre alte Harit nicht allein in Deutschland, an seiner Seite hat er familiären Beistand. Wann er das erste Mal wieder für Schalke spielen wird, ist aber noch vollkommen offen.