Die Gemeinsamkeiten zwischen Schalke 04 und Hertha BSC sind, nun ja, eher übersichtlich. Zwar hat in den vergangenen Jahren immer wieder mal der eine oder andere Spieler das Trikot beider Klubs getragen, etwa Alexander Baumjohann, Peer Kluge oder Levan Kobiashvili, aber das sorgte nicht für große Aufregung. Prominent war in den 70-ern der vorübergehende Wechsel von Schalkes Torwart-Held Norbert Nigbur nach Berlin. Und schwer belastet wähnte sich Schalkes Jahrhunderttrainer Huub Stevens, der nach seinem Wechsel zur Hertha im Jahr 2002 in der Hauptstadt auf eine Ablehnung stieß, die mit eisig noch warm beschrieben ist.
So wie Aktivist Schwarze Pumpe
„Die Berliner Fans haben mich nicht als Trainer gesehen, sondern immer nur als Schalker“, sagte Huub Stevens einmal. In seiner Biografie führt der Holländer seine Schalker Vergangenheit sogar als mit entscheidenden Grund für sein jähes Scheitern in Berlin an: „Als viel größeres Problem sollte sich die Rivalität zwischen Hertha und Schalke herausstellen“, schreibt Stevens und klagt: „Niemand hatte mich darüber informiert.“ Vielleicht, weil die alte Dame Hertha auf Schalke, salopp formuliert, keinen juckt.
An diesem Samstag (15.30 Uhr) ist Hertha BSC der nächste Schalker Bundesliga-Gegner in der Arena, aber etwas Besonderes ist das nicht: Es ließen sich wohl ebenso viele Tickets verkaufen, wenn Aktivist Schwarze Pumpe zu Gast wäre – einen Verein, den es heute in dieser Form gar nicht mehr gibt. Soll heißen: Hertha ist kein Gegner, der bei den Schalker Fans Emotionen weckt. „Den meisten ist Hertha egal“, sagt Markus Mau, der Leiter des Schalker Fanprojekts. Die Königsblauen können die Abneigung, die Schalke aus Berlin entgegenschlägt, partout nicht teilen. Viele wissen gar nicht, dass sie überhaupt existiert. Noch vor dem Hinspiel im Oktober, das Schalke mit 2:0 gewann, zuckte Manager Christian Heidel ratlos mit den Schultern und sagte: „So lange ich hier bin, habe ich nicht mitbekommen, dass da mal was vorgefallen ist.“
Die Gründe liegen ganz lange zurück
Die Gründe, warum Hertha Schalke nicht mag, liegen auch weit zurück. So weit, dass sie die jüngeren Fans in Berlin nur vom Hörensagen kennen. Wenn überhaupt. Am 13. Dezember 1971 trafen beide Klubs im DFB-Pokal aufeinander, am 3:0-Sieg der Hertha hatte Zoltan Varga großen Anteil. Das Dumme daran: Der ungarische Spielmacher war vom DFB wegen Bestechlichkeit vorübergehend gesperrt worden.
Die Schalker legten Protest ein – und der DFB gab ihnen recht. Die Knappen kamen eine Runde weiter und wurden sogar Pokalsieger. Später wurde bekannt, dass auch viele Schalker, die unter Meineid ihre Unschuld beteuerten, Bestechungsgelder angenommen hatten. Schalke durfte trotzdem in der Bundesliga bleiben. Hertha war dagegen in der Saison 1964/65 wegen der Zahlung verbotener Handgelder und überhöhter Ablösesummen zum Zwangsabstieg verdonnert worden. Das alles ist lange her, aber die Ablehnung gegenüber Schalke hält sich hartnäckig. Selbst in Berlin vermuten Kenner, dass es der Hertha schlichtweg an „natürlichen Feinden“ mangele und daher die Rivalität zu Schalke gepflegt wird.
Auf Schalke würde niemand auf die Idee kommen, bei Hertha BSC vom Erzrivalen zu reden – mal abgesehen davon, dass dieser Platz ohnehin anderweitig gut besetzt ist. „Wir haben unsere Derbys im Ruhrgebiet“, erklärt Markus Mau vom Fanprojekt: „Die angebliche Feindschaft zu Hertha ist für uns ein bisschen vom anderen Stern.“
Egal ist’s egal, wenn’s Hertha ist – wenn Berlin in die Arena kommt, geht’s für Schalke nicht um Rivalitäten, sondern nur um die drei Punkte – und das hat in den vergangenen Jahren meistens ganz gut geklappt. Sogar auch dann, wenn sonst nicht viel lief. So gelang dem Trainer Roberto Di Matteo bei dessen Heimpremiere ein Sieg gegen Hertha – und diese Zeit war wahrlich nicht reich an Höhepunkten.