Wenn Joel Matip am Sonntag, 1. Juni (20.30 Uhr), beim Vorbereitungsspiel in Mönchengladbach mit der Nationalelf Kameruns auf die deutsche Auswahl mit seinen Schalker Vereinskollegen Benedikt Höwedes und Julian Draxler trifft, dann schlagen wieder zwei Herzen in seiner Brust. Denn der 22-Jährige könnte auch das DFB-Trikot tragen, schließlich ist er in Bochum geboren und im Besitz des deutschen Passes. Vor gut vier Jahren allerdings entschied sich der Verteidiger aus gutem Grund für das Heimatland seines Vaters Jean.
Mit seinen 18 Jahren hatte sich Matip bereits einen Stammplatz bei den Königsblauen erkämpft und so die frühe Chance auf eine WM-Teilnahme. Wie viele Fußballer mit zwei Staatsangehörigkeiten wählte er die Option, in der er sich seinen Traum von der Nationalmannschaft und einem großen Turnier eher erfüllen konnte. Für Matip war es allerdings längst nicht nur der Verstand, der für Kamerun entschied, sondern auch das Herz. „Ich habe viel Verwandtschaft in Kamerun. Wie alle Spieler im Team, bin ich mit Stolz und Ehre dabei“, betont der Junge aus dem Ruhrgebiet.
Obwohl das Turnier in Südafrika für die „unzähmbaren Löwen“ mit drei Niederlagen in den Gruppenpartien eine herbe Enttäuschung wurde und Matip kaum zum Einsatz kam, war es für ihn persönlich eine wertvolle Erfahrung, die ihn als Fußballer reifer gemacht hat. „Das bleibt immer in meiner Erinnerung“, bemerkt Matip.
„Ich empfinde Stolz und Ehre, wenn ich für Kamerun spiele.“ (Joel Matip)
Nach Jahren der sportlichen Krise, in der zweimal hintereinander sogar die Teilnahme am Afrika-Cup verpasst wurde, gehört Kamerun auch jetzt zu den Underdogs bei der WM. In einer Gruppe mit Gastgeber Brasilien, Kroatien und Mexiko wird dem Team des deutschen Trainers Volker Finke erneut das frühe Aus vorhergesagt. „Das ist eine schwere Gruppe mit Brasilien als dem absoluten Titelfavoriten“, weiß Matip und gibt zu: „In Afrika sind zwar die Erwartungen an die afrikanischen Mannschaften immer sehr hoch, aber es wäre sicher vermessen zu sagen, dass wir auf jeden Fall weiterkommen.“
Die Hoffnungen ruhen in erster Linie auf Samuel Eto’o, dem inzwischen 33 Jahre alten Stürmerstar vom FC Chelsea. „Er ist eine starke Persönlichkeit und immer noch ein überragender Spieler“, beschreibt Matip seinen berühmten Teamkollegen und verrät: „In Kamerun ist er eine lebende Legende, fast schon wie Roger Milla. Daher ist es für mich immer etwas Besonderes, wenn ich kleiner Junge ihm begegne. Privat ist er aber ein ganz lieber Mensch, der offen auf seine Mitspieler zugeht.“
Auch im Trainingslager in Österreich dreht sich fast alles um Eto’o. Beim Testspiel in Kufstein gegen Mazedonien führte der Kapitän die Mannschaft Kameruns zum 2:0-Sieg. Matip spielte, im Gegensatz zu seiner auf Schalke angestammten Rolle als Innenverteidiger, im defensiven Mittelfeld. Aus der Bundesliga war neben ihm auch der als potenzieller S04-Zugang gehandelte Mainzer Eric-Maxim Chupo-Moting am Ball. Am Donnerstag geht es an gleicher Stelle gegen Paraguay, ehe sich die Finke-Truppe am Samstag nach Mönchengladbach aufmacht. „Dann freue ich mich auf das Wiedersehen mit Benny und Jule“, lacht Matip.
Wer weiß, vielleicht sehen sie sich ja in Brasilien wieder – das ginge allerdings frühestens im Halbfinale...