Die Uhren auf den Videowänden sprangen gerade auf 79:00 Minuten um, da fasste sich Jürgen Klopp entgeistert an den Kopf. Schon wieder hatte er das Zeichen zum Wechsel bekommen. Schon wieder musste einer seiner Leistungsträger vom Feld getragen werden. Es waren die Verletzungen von Sven Bender und Nuri Sahin sowie deren Folgen, die die Niederlage gegen Leverkusen und die damit verbundenen Konsequenzen für die Tabellensituation in den Hintergrund rückten. Borussia Dortmund befindet sich nach der 0:1 (0:1)-Niederlage in der schwierigsten Phase seit dem Amtsantritt von Jürgen Klopp.
Kaum Ideen gegen taktisch hervorragende Leverkusener
Nichtsdestotrotz legten die taktisch hervorragend eingestellten und diszipliniert verteidigenden Gäste die spielerischen Probleme, die durch die personelle Misere freilich verstärkt, aber nicht ausschließlich durch selbige zu erklären sind, schonungslos offen. Obwohl Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler dem BVB trotz aller Ausfälle „absolute Weltklasse“ in der Offensive bescheinigte, gelangen den Dortmundern kaum konstruktive Angriffe.
In Abwesenheit von Ilkay Gündogan und Mats Hummels ist Nuri Sahin im Spielaufbau Alleinunterhalter, zumal Henrikh Mkhitaryan zu selten über gute Ansätze hinauskommt. So fehlt es in der Eröffnung an Ideen. „In einigen Situationen haben wir zu langsam gedacht“, monierte Klopp zudem. „Bis zum vorletzten Pass war es ganz okay, danach nicht mehr. Da hat die letzte Konsequenz gefehlt.“
Die ließ Leverkusen im letzten Drittel des Spielfelds über weite Strecken auch vermissen. Weil Heung Min Son jedoch einmal unbeirrt abschloss (18.), entführte Bayer verdient drei Punkte. „Wenn man Leverkusen schlagen will, muss man richtig gut sein. Das waren wir nicht“, resümierte Klopp.
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Bis zur Winterpause geht es nun vornehmlich darum, Platz drei zu festigen. Denn während Bayern (zehn Punkte vor) und Bayer (sechs Punkte vor) aktuell zu konstant sind für den BVB, hat sich in Borussia Mönchengladbach ein unerwarteter Verfolger schon bis auf drei Tore herangearbeitet.
Dortmund verkörpert in diesen Tagen einen angeschlagenen Boxer, der mächtig in den Seilen hängt und die letzten Kräfte mobilisiert, um sich irgendwie in die Pause zu retten. „Für uns ist entscheidend, dass wir schnell in die Winterpause kommen, uns sammeln und ab Januar wieder angreifen“, meinte Roman Weidenfeller.
Zuvor steht allerdings am Mittwoch in Marseille nicht weniger als ein erklärtes Saisonziel – das Überwintern in der Königsklasse – auf dem Spiel. Es dürfte ein Kraftakt werden, gegen die Franzosen den entscheidenden Punch zu setzen. Dann wird sich zeigen, ob angeschlagene Boxer wirklich so gefährlich sind, wie es ihnen nachgesagt wird.