Als José Mourinho nach 70 Minuten das Fürther Stadion verließ, da hatte er vor allem eines gesehen: Eine Dortmunder Borussia, die sich vier Tage nach der adrenalingeschwängerten Europapokalnacht gegen Málaga in der Fürther Provinz nicht einfach nur keine Blöße gab, sondern das chancenlose Schlusslicht Greuther Fürth mit großer Spielfreude phasenweise vorführte. Dass am Ende ein noch vergleichsweise milder 6:1 (5:0)-Erfolg stand, war dabei in erster Linie dem Umstand geschuldet, dass die schwarz-gelben Vollgas-Profis in der zweiten Hälfte meist im Standgas agierten.
Was dem Trainer von Real Madrid gleichwohl nicht entgangen sein dürfte, war die spielerische Leichtigkeit und Finesse, mit der vor allem die offensive Dreierreihe des BVB – in der freilich der verletzte Marco Reus fehlte – im ersten Durchgang zu begeistern wusste. Eine kleines Bonus-Sternchen auf dem Notizzettel des Weltmanns wird sich dabei Jakub Blaszczykowski verdient haben.
Der Begriff „Polonia Dortmund“ ist keine Neuheit, doch selten war er mit Blick auf die Statistik so treffend: An 60 der insgesamt 72 Dortmunder Bundesligatore war mindestens ein Spieler des polnischen Trios Lukasz Piszczek, Jakub Blaszczykowski und Robert Lewandowski beteiligt.
Der Pole, der am Samstag nur ganz selten von seinen Gegenspieler gestoppt werden konnte, spielt, fast ein bisschen im Verborgenen, eine überragende Saison beim BVB. In 22 Bundesligaspielen kam der 27-Jährige zum Einsatz und sammelte dabei stolze 21 Scorerpunkte (zehn Tore und elf Vorlagen). „Kuba“ ist, das kann ohne zu übertreiben festgestellt werden, in der Form seines Lebens. Wird er darauf angesprochen, lächelt er grundsätzlich sein bescheidenes, fast schon schüchternes Lächeln und erklärt, er hoffe noch besser zu werden – ein Kunststück, dass ihm in seiner Zeit beim BVB fast von Saison zu Saison gelungen ist.
Spätestens seit Shinji Kagawa im letzten Sommer dem Lockruf von Manchester United gefolgt ist, gehört Blaszczykowski fraglos zu den prägendsten Akteuren im System von Jürgen Klopp. Der Kapitän der polnischen Nationalmannschaft kurbelt das Offensivspiel seiner Mannschaft mit seinem temporeichen Vorstößen an, bedient seine Mitspieler präzise wie nie und hat schon jetzt vier Treffer mehr auf dem Konto als in seiner bislang in dieser Hinsicht erfolgreichsten Saison in Dortmund (2011/2012).
Mit Blick auf die beiden Spiele im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid könnte er gar eine Art Geheimwaffe werden. Zwar hat Mourinho eine Kostprobe seines Könnens in Fürth beobachten dürfen, doch seine Mannschaft kennt Blaszczykowski noch nicht. Die beiden Gruppenspiele verpasste er wegen eines Syndesmosebandanrisses. Zudem fehlt bei Real, das gerade über die Außenbahnen verwundbar ist, Rechtsverteidiger Alvaro Arbeloa wegen einer Gelbrotsperre. Beste Voraussetzungen also für „Kuba“, dessen Bilanz in der Königsklasse noch aufpoliert werden soll. Da war er in sieben Spielen lediglich an zwei Treffern beteiligt. Aber auch das wird Mourinho inzwischen nachgeschlagen haben.