Mike Büskens hatte es ihm im Vorfeld der Begegnung signalisiert. Sollte es in Richtung Elfmeterschießen gehen, dann würde er ihn für Max Grün einwechseln. Schließlich galt er, Jasmin Fejzic, als ausgewiesener Elfmeterkiller, der seine Mitspieler im Training regelmäßig zur Verzweiflung brachte.
Mit dem Hinterkopf zur tragischen Figur
Nun lief also bereits die 118. Spielminute im DFB-Pokal-Halbfinale zwischen der SpVgg. Greuther Fürth und Borussia Dortmund. Der Deutsche Meister biss sich am aufopferungsvoll kämpfenden Zweitligisten die Zähne aus, es stand noch immer 0:0 und die Entscheidung vom Punkt schien vorprogrammiert. Aus diesem Grund setzte Büskens seine Überlegungen in die Tat um und brachte Ersatztorhüter Fejzic ins Spiel. Die ihm zugedachte Rolle: Held des Abends, Matchwinner, BVB-Bezwinger. Ein Traum für einen Torhüter, der es keine 120 Sekunden später aber wie die berühmte Seifenblase machte - er zerplatzt.
In Pflichtspielen pariert Jasmin Fejzic im Schnitt jeden dritten Elfmeter. Seit seiner Zeit als A-Jugendlicher haben 27 Schützen versucht, ihn vom Elfmeterpunkt zu überwinden. In neun Duellen behielt der Bosnier die Oberhand.
Ein letzter brachialer Versuch des sonst so feinfühligen Dortmunder Mittelfeldstrategen Ilkay Gündogan prallte erst gegen den Pfosten, dann gegen den Hinterkopf von Fejzic und trudelte anschließend ins Fürther Tor. Während sich die Schwarz-Gelben zu einer großen Jubeltraube formierten, stand Fejzic die pure Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben. In nicht einmal zwei Minuten war er zur tragischen, zur bemitleidenswerten Figur eines spannenden Pokalabends geworden. Mit seiner einzigen Ballberührung hatte er den Favoriten unfreiwillig ins Finale bugsiert. Ein Trauma. „Ich könnte losheulen“, gab der Unglücksrabe, der zunächst am Boden liegen blieb, hinterher zu Protokoll.
"Wir haben keine Angst"
Dass er lediglich 224 Tage später die Möglichkeit bekommen würde, erneut gegen Borussia Dortmund anzutreten, damit hätte der 26-Jährige an diesem für ihn so bitteren Abend im März wahrscheinlich nicht gerechnet. Doch im Sommer wechselte der Bosnier, der in Fürth keine Perspektive mehr sah, zum Zweitliga-Aufsteiger VfR Aalen, Dortmunds Pokalgegner am Dienstagabend (20.30 Uhr). Bei den Baden-Württembergern hat er nach dem 5. Spieltag Daniel Bernhardt verdrängt und steht seitdem zwischen den Pfosten.
Obwohl Trainer Ralph Hasenhüttl keinen Torhüter explizit zur Stammkraft erklärt hat, deutet alles darauf hin, dass Fejzic seine zweite Chance gegen den BVB erhält. „Man sieht sich immer zweimal im Leben. Wenn wir dieses Spiel gewinnen, wäre das etwas Historisches. Wir gehen die Aufgabe natürlich mit sehr viel Respekt an, wissen was Dortmund kann. Aber Angst haben wir vor keinem Gegner“, wird er in einem Interview auf der Homepage der Vereins zitiert. Ihm selbst, das steht wohl außer Frage, wird es nicht an Motivation fehlen. Die Gelegenheit, ein Trauma zu überwinden, bekommt man schließlich nicht oft.