Wenn dieser sich nämlich sich zu sehr gelöchert fühle von den Fragen der versammelten Journalistenschar, von all den Fernseh- und Radioteams, dann könne Großkreutz wie kein Zweiter auf Durchzug stellen und seine zuvor zurechtgelegten Sätze ohne mit der Wimper zu zucken runterrattern.
Wie sich das anhört, dass konnte am Freitag nach dem Abpfiff bewundert werden. „Wir haben in der Vorbereitung richtig gut gearbeitet, der Trainer hat uns gut eingestellt, wir waren topfit und ich denke, das hat man auf dem Platz gesehen.“ Stakkatoartig presst er die Sätze in solchen Momenten heraus. Und jeder weiß: Es ist Zeit, ihn gehen zu lassen.
Manchmal jedoch, wenn nach Spielschluss einige Minuten vergangen sind, dann kann der 23-Jährige auch anders. Dann geht er auf die Fragesteller ein, dann ist Schluss mit den Phrasen. Zum Beispiel wenn er über seine Mannschaftskollegen, das Stadion, den Trainer oder die BVB-Fans spricht. Dann bekommt er leuchtende Augen, dann gerät er ins Schwärmen.
Am Freitag freilich waren es zunächst einmal die anderen, die ins Schwärmen kamen. Zwar ging Großkreutz‘ toller Auftritt inklusive seines bereits dritten Bundesliga-Doppelpacks etwas unter, weil neben ihm Mario Götze das ganze Stadion in seinen Bann zog, seinem Trainer Jürgen Klopp aber war seine starke Leistung keineswegs entgangen. „Kevin ist im Vergleich zur Vorsaison noch selbstbewusst geworden“, befand der BVB-Coach und schob den neuen Konkurrenzkampf gleich als eine mögliche Erklärung hinterher. „Da ist die Geschichte mit Ivan Perisic. Dass es nun jemanden gibt, der seine Position spielen kann.“
Während Perisic, der gegen den HSV bis zur 75. Minute die Ersatzbank drücken musste, am Sonntag zur kroatischen Nationalmannschaft reiste, wird Großkreutz trotz seiner starken Vorstellung vom Freitag in Dortmund bleiben. Denn vergeblich wartete er auf eine Nominierung für das Spiel der DFB-Elf gegen Brasilien. „Erfahren habe ich das am Donnerstag von Herrn Flick“, verriet Dortmunds Nummer 19, stritt aber ab, dass seine famose Leistung etwas damit zu tun gehabt haben könnte, dass der Bundestrainer auf der Ehrentribüne im Signal Iduna Park Platz genommen hatte. „Es war nie mein Gedanke, es Herrn Löw zeigen zu wollen“, versicherte er. „Ich habe alles nur dafür getan, dass die Mannschaft gewinnt. Für nichts anderes.“
"Ich werde auch diesmal kämpfen"
Getroffen hatte ihn der Verzicht aber gleichwohl. Aussprechen wollte er das nicht, anzumerken war es ihm gleichwohl. Auch, als er schließlich doch noch eine Kampfansage abließ. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. „Wer mich kennt“, sagte er nämlich, „der weiß, dass ich immer kämpfe. Und ich werde auch diesmal darum kämpfen, in Zukunft wieder eingeladen zu werden.“
Einmal in Fahrt gekommen, würde sich Großkreutz doch sicher auch noch eine Spitze in Richtung der Konkurrenz aus Leverkusen und München entlocken lassen. Die Sensationspresse witterte bereits ihre Story.
Aber nicht mit Kevin! Denn plötzlich war der Blick wieder leer, die Ohren auf Durchzug gestellt. Und so antwortete er also auf die Frage, was der Borussia in dieser Saison zuzutrauen sei: „Dass wir weiter Vollgas-Fußball spielen.“