Der Blondschopf beackert unablässig die linke Außenbahn, besticht durch Dynamik, unglaubliche Ausdauer, neuerdings auch durch Eleganz und spielte sich so schließlich nicht nur in den Notizblock von Jogi Löw, sondern direkt ins Nationaltrikot. Sein Debüt durfte er im November des vergangenen Jahres in Schweden feiern, beim jüngsten 2:1-Sieg in Österreich stand er erstmals in einem Pflichtspiel der Nationalmannschaft von der ersten bis zur letzten Minute auf dem Platz. Und auch wenn er im Wiener Ernst-Happel-Stadion vor allem defensiv nicht seinen besten Tag erwischte, so wusste er mitunter doch zu gefallen. In den Kampf um ein Linksverteidiger-Ticket für die Europameisterschaft in Polen und der Ukraine im kommenden Jahr dürfte der 23-Jährige jedenfalls vorerst aus der Pole-Position gehen.
Nichts erinnert dieser Tage noch an den zurückhaltenden, schüchternen Jungen, als der Schmelzer einst aus dem heimischen Magdeburg nach Dortmund gekommen war. „Er hat die außergewöhnlichste Entwicklung genommen, die ich in meiner Trainerkarriere bislang erleben durfte“, sagte Jürgen Klopp unlängst mit größter Anerkennung. „Seit ich ihn kenne, ist er fünf Zentimeter größer geworden. Aber nicht, weil er gewachsen wäre, sondern nur, weil er sich aufgerichtet hat.“
„Schmelle“ - der Kämpfer, der unermüdliche Arbeiter
Dieses neue Selbstvertrauen ist auch längst auf dem Platz zu bewundern. Klebte er lange an seiner Linie und wagte sich kaum einmal über die Mittellinie, so interpretierte in der abgelaufenen Spielzeit wohl kein Außenverteidiger seine Rolle so offensiv wie „Schmelle“, der Kämpfer, der unermüdliche Arbeiter. Sinnbildlich für den aufopferungsvollen Einsatz des Blondschopfes steht eine Szene aus dem Europa-League-Spiel in Paris. In der Nachspielzeit setzte er damals noch zu einem unwiderstehlichen Sprint über die Außenbahn an, hängte alle Franzosen ab und bediente schließlich Robert Lewandowski mustergültig. Zwar konnte dieser seine Chance nicht nutzen, doch unterstrich Schmelzer mit dieser Vorarbeit seine Extraklasse.
Kein Wunder also, dass im Laufe der Hinrunde auch andere Klubs ihre Finger nach dem Linksfuß ausstreckten. Allerdings nahm die Borussia allen möglichen Interessenten den Wind frühzeitig aus den Segeln und verlängerte den Vertrag mit „Schmelle“ bis 2014. Angeblich, nachdem dieser sogar seinem Berater Roger Wittmann untersagt hatte, mit anderen Klubs zu verhandeln.
"Vielleicht schieße ich nur ein, zwei Tore, dafür aber wichtige“
Mindestens noch drei Jahre werden die Fans der Borussia also noch ihre Freude an dem 23-Jährigen haben, der sich große Ziele für die Zukunft gesteckt hat. „Ich denke schon, dass ich die beste Saison meiner Karriere gespielt habe“, versichert er, kündigt zugleich aber auch an: „Ich habe mich von Jahr zu Jahr gesteigert und hoffe natürlich auch, dass das so weitergeht.“ Und wer weiß, vielleicht klappt es dann ja irgendwann auch endlich mit dem ersten Bundesligator für den Linksfuß, der in dieser Saison immerhin drei Treffer vorbereitete und somit mehr Assists verbuchen konnte als in allen seinen bisherigen Jahren als Profi. „Ich muss mir immer wieder etwas anhören, weil ich bisher noch kein Tor in der Liga geschossen habe“, gesteht Schmelzer also. „Aber für mich ist das nicht so wichtig. Vielleicht schieße ich in meiner Karriere nur ein, zwei Tore, dafür aber wichtige.“
Vielleicht ja sogar in der Champions League, denn dass er es gegen internationale Teams kann, stellte er schon unter Beweis. In der letzten Saisonvorbereitung jedenfalls traf der Dortmunder Dauerbrenner, der als einziger Akteur keine einzige Minute im gesamten Saison-Verlauf verpasste, im Freundschaftsspiel gegen Bursaspor per direkt verwandeltem Freistoß.