90 Sekunden vor Schluss der Partie zwischen dem FC St. Pauli und Schalke 04 hat Schiedsrichter Denis Aytekin (Oberasbach) das Spiel beim Stande von 2:0 (1:0) für die Gäste abgebrochen, weil sein Schiedsrichter-Assistent Thorster Schiffner (Konstanz) von einem vollen Bierbecher im Genick getroffen worden war. Zu diesem Zeitpunkt war die Partie eigentlich schon gegen die Hamburger entschieden, denen jetzt noch empfindliche Strafen durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) drohen dürften.
"Das ist nicht zu erklären, über solche Szenen brauchen wir nicht zu diskutieren. Sowas darf in Fußball-Stadien nicht passieren. Wir schimpfen auch auf der Bank, auf dem Platz geht es zur Sache. Aber wer mit Gegenständen wirft, gefährdet andere. Ich kann mich nur im Namen von St. Pauli beim Schiedsrichter-Assistenten entschuldigen", meinte St.-Pauli-Trainer Holgher Stanislawski: "Wenn man von sowas getroffen wird, ist das nicht witzig. Das ist eine einzige Katastrophe." Der Bierbecher-Werfer wurde unmittelbar nach seiner Tat von der Polizei festgenommen.
Sportlich hatte Schalke den Abend dominiert. Der zwölfte Saisontreffer von Superstar Raúl (26.) und ein Abstaubertor von Julian Draxler (66.) bescherten Rangnick eine Rückkehr auf die Schalker Trainerbank. Während die Gäste mit diesem "Dreier", der wohl auch am Grünen Tisch bestätigt werden dürfte, eine Serie von drei Auswärtsniederlagen hintereinander beendeten, droht den Platzherren mehr denn je der Abstieg. Neben den Punkten verloren sie auch noch Jan-Philipp Kalla (68.) durch eine Gelb-Rote sowie Fin Bartels (78.) durch eine Rote Karte.
Nach einer präzisen Ecke von Jefferson Farfan war Raúl per Kopfball erfolgreich, Draxler nutzte eine Verwirrung in der Deckung. Die Treffer waren gleichbedeutend mit der sechsten Niederlage für die Hamburger in Folge, der Tabellen-16. könnte schon am Sonntag auf den direkten Abstiegsplatz 17 abrutschen. Die "Königsblauen" hingegen können den Kampf um den Klassenerhalt endgültig als erledigt abhaken, sie festigten Rang zehn.
Vier Tage vor dem Champions-League-Spiel beim Titelverteidiger Inter Mailand starteten die Gäste vor 24.487 Zuschauern im ausverkauften Millerntorstadion mit überfallartigen Angriffen, ohne jedoch zum erhofften schnellen Torerfolg zu kommen. Die technisch unterlegenen Hamburger wehrten sich zunächst mit Erfolg, hatten aber in der zehnten Minute Glück, dass Alexander Baumjohann bei einem Schuss von der Strafraumgrenze das Tor nur knapp verfehlte.
Beide Trainer hatten die Länderspielpause genutzt, um ihre Teams personell neu zu sortieren. St. Paulis Coach Holger Stanislawski, schwer gebeutelt von verletzungsbedingten Problemen in der Defensive, setzte wie schon beim 1:0-Triumph im Lokalderby auf Ersatztorhüter Benedikt Pliquett. Auch sein Gegenüber Rangnick krempelte seine neue Mannschaft taktisch um und stellte den ins Abseits geratenen Baumjohann in die Startformation.
Pliquett stand erwartungsgemäß mehrfach im Brennpunkt und konnte sich besonders bei einem gefährlichen Schrägschuss von Edu (25.) auszeichnen. Nur 60 Sekunden später war er allerdings beim ersten Gegentor machtlos. Auch in der Schlussphase der ersten Halbzeit hatten die Gäste die Partie weitgehend im Griff, zu berechenbar wirkten die zumeist zögerlichen Aktionen der Hanseaten. Lediglich ein Fernschuss von Bartels (35.) sorgte einmal für Gefahr.
Nach dem Seitenwechsel bäumten sich die Platzherren noch einmal auf, entwickelten Druck, ohne jedoch klare Torgelegenheiten herausarbeiten zu können. Wirklich schwere Aufgaben hatte Nationaltorhüter Manuel Neuer nicht zu meistern. Endgültig entschieden war die Partie nach der Ampelkarte für Verteidiger Kalla, vier Minuten zuvor war überdies ein Tor der Braun-Weißen wegen einer Abseitsposition nicht anerkannt worden. Bartels sah Rot nach einem rüden Foul gegen Farfan.
Keeper Pliquett, der mehrfach durch couragiertes Stellungsspiel weitere Torerfolge für den Tabellen-Zehnten vereitelte, sowie der trotz einer schmerzhaften Bänderverletzung kampfstarke Mittelfeldspieler Fabian Boll verdienten sich bei den Norddeutschen die besten Noten. Glücklos hingegen agierte der Ex-Schalker und ehemalige Nationalspieler Gerald Asamoah. Neben Raúl gefiel bei Schalke Farfan, in erster Linie durch geschicktes Ballverteilen.