Gerhard Mayer-Vorfelder hat sich in seiner Amtszeit wirklich einige Klöpse erlaubt, vor allem in der Spätphase seiner Amtszeit als DFB-Präsident. Doch beim Pokalfinale 2001 zwischen Schalke 04 und Union Berlin leistete sich „MV“ eine peinliche Posse, die noch heute für Schenkelklopfer in Gelsenkirchen sorgt.
Nach dem die Königsblauen den damaligen Regionalliga-Meister aus der Hauptstadt durch zwei Tore von Jörg Böhme mit 2:0 besiegt hatte und es auf die obligatorische Ehrung des neuen Cup-Siegers zuging, hatte der Funktionär aus Stuttgart plötzlich jemanden vor sich, den er im ersten Moment nicht zuordnen konnte - Schalkes Kapitän Tomasz Waldoch.
„Ich war verletzt und konnte das Match leider nur von der Tribüne aus verfolgen. Das war bitter genug. Nach dem Schlusspfiff bin ich aber sofort in den Innenraum und auf die Bühne gegangen, wo die Siegerehrung stattfand. Der Präsident erkannte mich aber nicht gleich, weil ich ja kein Trikot, sondern einen Anzug anhatte. Dabei hatte ich mir extra die Kapitänsbinde um den Anzug gelegt“, erinnert sich der Pole.
Heute kann er darüber lachen, damals schwankten seine Gefühle heftig zwischen Frust und Freude. „Ich hatte in meiner Karriere zuvor noch keine Titel gewonnen, und der zweite Platz in der Bundesliga nach dem dramatischen Meisterschaftsfinale zählte nicht. Jetzt hätte ich mit meiner Mannschaft zum ersten Mal in einem Endspiel stehen können. Es war sehr schwierig für mich, von der Tribüne aus zuschauen zu müssen, zumal Union Berlin in der ersten Halbzeit richtig Gas gegeben hat. Die waren genau so heiß wie das Wetter“, blickt Waldoch zurück.
Im Februar hatte sich der frühere Bochumer eine schwere Bänderverletzung im rechten Sprunggelenk zugezogen. Waldoch kam Ende März auf den Platz zurück, verletzte sich aber 14 Tage später erneut. Obwohl er in der Reha fleißig schuftete, kam für den Schalker Abwehrchef das Pokalendspiel am 26. Mai 2001 zu früh. Die eingespielte Dreierkette mit Tomasz Hajto rechts und Nico van Kerckhoven links war gesprengt, „Meister“ Jiri Nemec sprang in der Zentrale für Waldoch ein.
An diesem Tag wusste er noch nicht, dass er knapp ein Jahr später seine zweite Chance erhalten würde. Am 11. Mai 2002 stand der FC Schalke erneut im Pokalfinale, diesmal angeführt vom gesunden Kapitän Waldoch. Das Match gegen Bayer Leverkusen und vor allem die Feier danach sollte ihn für den nur „halben Titel“ im Jahr zuvor entschädigen. „Leverkusen war erst überlegen. sie traten als Vizemeister an und hatten sogar das Endspiel in der Champions League erreicht. Aber wir waren gut drauf und haben die Partie in der zweiten Halbzeit bravourös gedreht“, laufen vor seinen Augen noch heute die 90 Minuten vom Duell gegen die Werkself ab.
Als Schiedsrichter Franz-Xaver Wack das Spiel abpfiff, kannte bei den Königsblauen der Jubel keine Grenzen. Der Pott blieb Schalker, und diesmal wusste sogar Mayer-Vorfelder, wen er sich vor sich hatte, als er Waldoch bei der Pokalübergabe vor sich hatte. „Da war ich endlich ein wahrer Pokalsieger!“
Wenn Schalke nun am 21. Mai 2011 in Berlin auf den MSV Duisburg trifft, wird er vor dem Fernseher die Daumen für seinen ehemaligen Verein drücken. „Duisburg ist nicht zu unterschätzen, sie haben immerhin drei Bundesligisten ausgeschaltete. Dennoch glaube ich, dass sich Schalke durchsetzen wird“, glaubt Waldoch an den fünften Pokalsieg der Gelsenkirchener.
Er selbst hofft bis dahin, auch Klarheit über seine eigene sportliche Zukunft zu kriegen. Denn sein Engagement als Sportdirektor beim polnischen Erstligisten Gornik Zabrze beendet der Ex-Nationalspieler vor einigen Wochen. „Die Trennung von meiner Familie habe ich nicht länger ausgehalten. Die Fahrerei war einfach zu viel. Daher suche ich jetzt einen Trainerjob hier in der Nähe“, kündigt der in Bochum lebende Waldoch ein. „Ein, zwei Optionen“ hätte er schon, aber noch sei nicht das richtige dabei gewesen.
Bis es so weit ist, wird er weiterhin seinen Sohn Kamil in der Schalker U19 genau beobachten. Ob Waldoch junior jemals den DFB-Pokal in den Händen halten wird, ist allerdings eine andere Frage.