Lange muss Klaas-Jan Huntelaar nicht überlegen. Die Erklärung für seine unglaubliche Trefferquote fällt dem Niederländer leicht. "Ich spiele immer 90 Minuten, das ist für mich das Wichtigste", sagt der Vizeweltmeister, der als Rekordeinkauf bei Schalke 04 auf Anhieb die höchsten Erwartungen erfüllte.
Stammplatz, Spielpraxis, Vertrauen seiner Trainer - was dem Torjäger in den vergangenen beiden Jahren fehlte, schlägt sich seit Wochen in einer fast unheimlichen Bilanz nieder: 14 Tore erzielte der 27-Jährige in den ersten zwölf Pflichtspielen der Saison - für Oranje und die Königsblauen.
"Wenn du nur zehn Minuten spielst, ist es schwer", sagt Huntelaar, der bei Real Madrid und dem AC Mailand meist nur zweite Wahl war. "Ich will immer spielen. Ich lebe nicht, um auf der Bank zu sitzen, das kann ich zu Hause auch", ergänzt er und schmunzelt.
Magath schwärmt vom "Hunter"
So einfach ist das Erfolgrezept des Niederländers, wie die Zahlen beweisen: In Mailand wurde er in der vergangenen Saison in 25 Ligaspielen 14-mal ein- und achtmal ausgewechselt. Nur dreimal durfte er sich 90 Minuten versuchen. Auch in der Elftal musste sich Huntelaar, der in seiner Heimat "The Hunter", der Jäger, genannt wird, gedulden: Bei der WM in Südafrika kam er in vier Spielen nur auf 52 Minuten.
Das hat sich seit seinem Last-Minute-Transfer für 14 Millionen Euro nach Gelsenkirchen schlagartig geändert. Trainer Felix Magath ließ ihn stets von der ersten bis zur letzten Minute spielen. "Er hat große Klasse, die zeigt er, sie ist in jedem Spiel zu sehen", sagt der Schalker Chefcoach über den Torjäger, der mit seinen sechs Treffern in acht Spielen die Königsblauen quasi im Alleingang vor einem noch schlechteren Saisonstart bewahrte. Noch mehr zahlte Huntelaar Bondscoach Bert van Marwijk zurück, der ihn nach der WM zum Stürmer Nummer eins befördert hatte. Acht Tore in vier EM-Qualifikationsspielen bescherten nicht nur Oranje vier Siege, sondern weckten bei Magath auch einen gewissen Neid. "Es wird Zeit, dass er auch bei uns mal zwei Tore erzielt", meinte der Schalker Trainer-Manager in der vergangenen Woche scherzhaft.
Selbstbewusstsein "ein bisschen schwach"
Es blieb aber auch beim 2:2 gegen den VfB Stuttgart am vergangenen Samstag bei einem Treffer - und der Erkenntnis, dass bei seinen Mannschaftskollegen noch nicht alles so rund läuft wie bei ihm. "Es ist in letzter Zeit besser geworden", sagt Huntelaar nach dem Fehlstart in der Bundesliga mit nur fünf Punkten aus acht Spielen, "aber wir müssen uns noch weiter verbessern, damit wir gewinnen."
Auch für die schlechten Resultate hat der Niederländer, der jeden Tag von Arnheim nach Gelsenkirchen fährt, eine einfache Erklärung: "Das Selbstbewusstsein ist ein bisschen schwach. Wir kriegen immer wieder ein Tor, das macht es schwieriger." So reichten seine sechs Tore für Schalke bis zum Champions-League-Spiel am Mittwoch gegen Hapoel Tel Aviv nur zu zwei Siegen - eine Bilanz, die noch deutlich ausbaubar ist.
Was am Ende herauskommen kann, wenn Klaas-Jan Huntelaar trifft und trifft, wissen seine Landsleute nur allzu gut. Zweimal wurde er mit 33 Treffern Torschützenkönig in der Ehrendivision. "Damals ging bei Ajax Amsterdam einer nach dem anderen rein", erinnert sich der Neu-Schalker. Doch das ist Vergangenheit, "ich gucke nicht zurück". Die Gegenwart lässt Ähnliches erwarten. Weil er spielen darf.