Dann folgte der ebenso nervenaufreibende, wie spektakuläre 4:3-Erfolg bei Karpaty Lwiw in der Europa-League und schließlich – die absolute Krönung – der 3:1-Sieg im Derby beim FC Schalke 04, der den Hausherren deutlich mehr schmeichelte als den Schwarz-Gelben. Kein Wunder, dass ganz Dortmund anschließend Kopf stand. Fast 1.000 Fans empfingen die Derby-Helden noch in der Nacht von Sonntag auf Montag am Signal Iduna Park, sorgten mit Bengalischen Feuern und ihren Gesängen für echte Gänsehautatmosphäre und trugen die Spieler, allen voran Shinji Kagawa, auf Schultern.
Am Mittwoch nun gegen den 1. FC Kaiserslautern bauten die Borussen ihre tolle Serie und die Hochstimmung weiter aus, siegten am Ende mit 5:0 (2:0) und entließen die 70.100 euphorisierten Zuschauer in eine vermutlich erneut eher kurze Nacht. Grund zum Feiern jedenfalls gab es genug. Zwar ist noch lange nichts erreicht, Jürgen Klopp und seine Mannschaft wissen das nur zu genau, so eine Begeisterung wie dieser Tage gab es aber schon lange nicht mehr um den BVB, der sich anschickt, die Liga das Fürchten zu lehren.
Anfangs allerdings schienen die Borussen durchaus überrascht von der forschen Gangart der Pfälzer, die, ohne großartig zu taktieren, den Weg vor das Dortmunder Tor suchten und durch Srdjan Lakic auch zu einer ersten guten Gelegenheit kamen. Sein Kopfball wurde allerdings von Sven Bender über das Tor gelenkt (2.).
Bei der Borussia indes lief es zunächst noch nicht nach Plan. Vor allem über die neubesetzte rechte Seite, wo Lukasz Piszczek und Jakub Blaszczykowski den Vorzug gegenüber Patrick Owomoyela und Mario Götze erhalten hatten, entfachten die Hausherren zu wenig Dampf. Gefährlich wurde es so lediglich, wenn sich Marcel Schmelzer in das Angriffsspiel einschaltete oder Lucas Barrios sich einmal der Bewachung durch den Ex-Borussen Martin Amedick und den Brasilianer Rodnei entziehen konnte: So strich ein erster Kopfball des Paraguayos nach einer Schmelzer-Flanke nur knapp über das Pfälzer-Tor (7.), kurz darauf hatte Tobias Sippel keine Probleme, einen Kopfball Shinji Kagawas, der von Barrios glänzend in Szene gesetzt worden war, zu parieren (19.). Nach einer guten halben Stunde war aber auch Sippel, der wie Roman Weidenfeller seinen Feinschliff in Gerry Ehrmanns Lauterer Torwartschule erhalten hatte, machtlos. Nach einem gewonnenen Laufduell gegen Martin Amedick schoss Lucas Barrios zum 1:0 ein.
Ein ebenso großer Anteil an diesem Treffer gebührte allerdings Nuri Sahin. Messerscharf hatte der junge Türke, der schon gegen den VfL Wolfsburg eine überragende Partie abgeliefert hatte, den Ball in den Lauf von Barrios gespielt. Und als hätte es noch eines Beweises bedurft, dass sich der 22-Jährige derzeit in der Form seines Lebens befindet, legte er nur Minuten später nach. Diesmal war Kevin Großkreutz der dankende Abnehmer, der Sippel mit einem Schlenzer von der Strafraumkante überlistete. Schon vor der Halbzeitpause schwelgte der schwarz-gelbe Anhang in Glückseligkeit, feierte ihre Mannschaft und sich selbst – und wer weiß, vielleicht reiften zu diesem Zeitpunkt, vielleicht aber auch erst nach Mats Hummels‘ Treffer zum 3:0, nach Robert Lewandowskis 4:0 oder dem 5:0 durch den zweiten Treffer von Barrios, ganz im Süden des Signal Iduna Parks auch schon die ersten zarten Träume von der Deutschen Meisterschaft?
Im Kreise der Mannschaft freilich haben solche Träumereien keinen Platz. Kein Wunder, hatte „Klubboss“ Hans-Joachim Watzke solchen Gedankenspielen einen dicken Riegel vorgeschoben. Nahrung gaben sie den Hoffnungen der Fans aber doch auch im zweiten Abschnitt: Denn weiterhin ging es nur in Richtung des Tores der „Roten Teufel“, die sich mit zunehmender Spieldauer immer mehr fühlen durften wie der sprichwörtliche Hase in seinem aussichtslosen Rennen gegen den Igel. Die unglaublich lauf-, kampf- und (neuerdings) auch spielstarken und immens ballsicheren Borussen waren jedenfalls immer zu erst zur Stelle, immer einen Schritt schneller als ihre Gegenspieler und somit am Ende die mehr als nur hochverdienten Sieger. Dem widersprechen wollte weder Lauterns Coach Marco Kurz, der eingestand, dass seine Elf „bitteres Lehrgeld zahlen musste“, noch Klopp, der über das ganze Gesicht strahlte und dem es wohl ging, wie allen anderen im Stadion: „Hätte mir jemand einen solchen Start in die Saison vorhergesagt, hätte ich geantwortet: Klar, wie soll das denn gehen?“