Bei seiner Vorstellung im BVB-Presseraum strahlte Jürgen Röber über das ganze, braungebrannte Gesicht. Die äußere Freude wurde von innen entflammt, denn der 52-Jährige brennt auf seine neue Aufgabe. Beim anschließenden RevierSport-Gespräch mit dem einstigen Essener wurde deutlich, mit welchem Elan er an seine neue Aufgabe herangeht, dass er sich nach der relativ langen Bundesligapause, die mit einem Engagement in Belgrad gespickt wurde, das befristete Arbeitsverhältnis in Dortmund nutzen will, die Borussen und auch sich selbst wieder ins Rampenlicht der Liga zu rücken.
Jürgen Röber, ist Weihnachten für Sie in diesem Jahr um eine Woche vorverlegt worden?
Natürlich war es immer mein Wunsch, bei einem Verein mit so einem fantastischen Publikum zu arbeiten. Dieter Hoeneß hat mir einmal gesagt, in Deutschland kommt Bayern München, dann Borussia Dortmund und anschließend folgt Hertha BSC. Jetzt bin ich beim BVB, selbst wenn nun viele darauf hinweisen, dass der Vertrag bis zum 30. Juni 2007 befristet ist, für mich spielt das überhaupt keine Rolle. Ich freue mich darauf, für den BVB zu denken und zu fühlen.
Am Sonntag waren Sie noch in einer Art Warteposition, werden die Partie gegen Bayer Leverkusen gerade deshalb sehr aufmerksam am Fernseher verfolgt haben. Was haben Sie für Erkenntnisse gewonnen?
Die gleichen, die wahrscheinlich alle hatten. Es herrschte eine gewisse Unruhe und Verunsicherung vor, auch auf den Rängen. In so einer Situation ist das aber nicht nur in Dortmund, sondern in allen anderen Vereinen so. Genau daran müssen wir arbeiten, das Team muss auf dem Platz alles geben, sich zerreißen, dann steht auch das komplette Stadion wieder hinter der Elf. Das Ganze ist ein Geben und Nehmen.
Dann sind Sie in Dortmund aber nicht nur als Fußball-Lehrer, sondern auch als Psychologe gefragt, oder?
Das ist man in diesem Geschäft doch immer, das ist grundsätzlich mein Job, nicht nur in so einer Situation. Auf der anderen Seite muss man die Szenerie auch nüchtern betrachten. Es ist ja nicht so, dass eine existenzielle Notlage vorhanden ist, wie zum Beispiel beim HSV. Es herrscht doch in Dortmund kein Chaos, wir haben noch alle Möglichkeiten ranzukommen.
Wie kann der Schritt nach vorne gelingen?
Das wird wichtig, was ich in meiner Laufbahn immer gemacht habe, egal ob als Spieler oder als Trainer. Ich werde mit den Leuten sprechen. Zunächst einmal müssen wir uns kennenlernen, das gelingt in der Regel schnell. Es ist insbesondere wichtig, wie man mit den Spielern umgeht. Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die den Leistungsausschlag geben. Ich will den Akteuren helfen, das habe ich bisher bei jeder Coachstation gemacht, darum sind ja auch einige in meiner Zeit auch Nationalspieler geworden. Die Akteure müssen aber auch zusammenrücken. Dafür müssen sie nicht jeden Tag gemeinsam Kaffeetrinken gehen, aber auf dem Platz sollten sie eine verschworene Gemeinschaft sein. Um dieses Ziel zu verwirklichen, werde ich für sie immer da sein, sie quasi bis ins Bett begeleiten.
Was machen Sie denn, wenn sich Ihr verfrühtes Weihnachtsgeschenk als Mogelpackung herausstellen sollte?
Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, denn ich bin von dieser Mannschaft überzeugt. Im Januar kommen zudem mit Sebastian Kehl und Christoph Metzelder zwei wichtige Stützen zurück. Was das Team kann, hat es doch zum Beispiel in Bremen bewiesen. Das müssen wir uns im Training erneut erarbeiten, das Ganze muss vom Kopf in die Beine übergehen.
Auch bei eventuellen Neuzugängen?
Ich bin nicht jemand, der einen Vertrag unterzeichnet und dann Forderungen stellt, schließlich wusste ich vorher, worauf ich mich einlasse. Wir werden aber intern besprechen, was möglich ist.
Sie sind am 11. Mai in Belgrad entlassen worden. Wie sind Sie mit den folgenden sieben Monaten ohne Job umgegangen?
Damit hatte ich überhaupt kein Problem, da so eine Zeit für einen Trainer immer vorkommt, dafür bin schon zu lange genug im Geschäft. Ich bin gereist, habe mich weitergebildet, war zwischenzeitlich auch mehrmals bei meinem ehemaligen Klub in Belgrad.
Sie haben in Berlin mit Ihrer Frau gerade eine neue Wohnung bezogen, die wird Ihre Gattin in den nächsten Monaten wohl weitgehend alleine nutzen müssen, korrekt?
Das geht schon, denn sie geht ja auch noch einem Halbtagsjob nach, weil sie ganz einfach gerne unter Menschen ist. Mein Co-Trainer Bernd Storck und ich werden auf jeden Fall nach Dortmund ziehen, wenn es machbar ist, so nah wie möglich am Trainingszentrum. Wir werden rund um die Uhr für den Verein da sein, das ist eine Selbstverständlichkeit.
Sie haben Ihre aktive Karriere bei Rot-Weiss Essen, wo Sie später auch Ihre Trainerlaufbahn begonnen haben, beendet. Ist das Revier Ihr Metier?
Hier passe ich einfach hin. Noch heute habe ich Verbindungen zu RWE, überhaupt pflege ich gerne Kontakt zu Leuten, mit denen ich zusammengearbeitet habe, das gehört einfach zu meinem Leben und zu meiner Arbeit. Ich weiß, was die Zuschauer von den Spielern erwarten, nämlich ehrliche Arbeit. Das ist aber nicht nur im Ruhrgebiet, sondern überall so. Die Kulisse will einfach das Gefühl haben, dass sich jeder auf dem Platz zerreißt, insbesondere dann, wenn es spielerisch einmal nicht so läuft, das war schon immer so und wird auch immer so bleiben.
Auch wenn Sie die Laufzeit des Vertrages am liebsten in Hintergrund schieben, so bieten Ihnen die sechs Monate dennoch die Möglichkeit, sich wieder auf der Bühne Bundesliga zu präsentieren.
Das ist doch schön. Ich war zuletzt im Ausland, das war eine interessante Erfahrung, aber hier bieten sich einfach bessere Möglichkeiten. Warten wir doch einfach ab, was passiert. Beide Seiten lassen sich alle Möglichkeiten offen. Zunächst konzentrieren wir uns auf das Spiel gegen Bayern München, einen besseren Gegner kann es zum Auftakt nicht geben.
Auch weil Sie Ihre Erstliga-Karriere als Coach des VfB Stuttgart ausgerechnet gegen den Rekord-Meister begonnen haben, mit einem 3:1-Erfolg in der bayerischen Metropole, passend beim Liniendebüt von Franz Beckenbauer?
Das war schon eine tolle Geschichte. Es war bitter kalt, doch ich habe geschwitzt wie bei einer Temperatur von 32 Grad. Gegen eine Wiederholung hätte ich nichts einzuwenden.
Welcher Trainertyp sind Sie denn heute?
Das kann man selbst wahrscheinlich nur schwer beurteilen. Ich glaube, ich bin positiv fußballverrückt. Abschalten kann ich einfach nicht. Wenn ich mit jemandem beim Kaffee oder zum Essen zusammensitze, dann bin ich nur zu 50 Prozent dabei, die andere Hälfte der Gedanken ist immer bei meiner Arbeit. Deswegen werde ich in meinem Urlaub, den ich bereits vor dem Engagement in Dortmund geplant habe, auch nicht abschalten, sondern mich darauf konzentrieren, mich mit der neuen Mannschaft zu beschäftigen. Ich will mich über sie in allen Bereichen informieren.
Der Jahreswechsel steht bevor, viele Menschen verbinden den 1. Januar mit Wünschen. Welche sportlichen haben Sie?
In der heutigen Zeit dominiert der Erfolg. Alle leben, um erfolgreich zu arbeiten. Es zählt nicht, was du kannst, sondern, was unter dem Strich herauskommt, da müssen wir uns nichts vormachen. Das kann man durch harte Arbeit erreichen, es gehört allerdings auch das notwendige Quäntchen Glück dazu. Beides zu vereinigen, wäre ideal. Wenn wir vom Verletzungspech verschont bleiben und einen guten Start haben, kann alles wieder ausgeglichen werden, was bisher nicht gelungen ist.