Die glorreichen Zeiten der rheinischen Erzrivalen 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach liegen zwar schon drei Dekaden zurück, doch noch nie waren die Aussichten so trostlos wie vor dem 76. Bundesliga-Duell (20.30 Uhr/live bei Sky und Liga total). Der Verlierer der Partie ist wieder endgültig im Abstiegskampf angekommen. Während die Borussia mit 30 Punkten noch etwas über dem Strich steht, ist das Eis in Köln mit 27 Zählern schon dünner. Zudem herrscht in beiden Lagern wegen gewaltbereiter Fans die Angst vor Ausschreitungen.
"Schade, dass die Rivalität solche Ausmaße angenommen hat. Das war damals anders", sagte Gladbachs Vizepräsident Rainer Bonhof, der für beide Klubs gespielt hat. Mehrere Hundertschaften Polizei werden im Stadionbereich aufgeboten, vermutlich Hubschrauber wie im Hinspiel eingesetzt. 258 gewaltbereite Krawallmacher aus beiden Lagern dürfen den Stadionbereich und bestimmte Teile der Kölner Innenstadt unter Androhung eines Strafgeldes von 500 Euro für 13 Stunden nicht betreten.
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Das alles drückt auf die Seelen der Verantwortlichen, die mit der sportlichen Misere bereits genug zu tun haben. Und da brennt insbesondere beim FC der Baum. Sechs Spiele in Folge ohne Sieg, zuletzt mit einer unterirdischen Leistung trotz einstündiger Überzahl beim 0:1 in Mainz. "Mit einer Leistung wie in Mainz wird Köln gegen keine Bundesliga-Mannschaft gewinnen", sagte der einstige Erfolgstrainer Udo Lattek. Der hatte beim FC als Sportdirektor Ende der 80er Jahre erfolgreich gearbeitet.
Als Kern der Krise hat der 75-Jährige vor allem die Person Lukas Podolski ausgemacht. Der Nationalspieler ist seit seiner Rückkehr die Überperson. Damit scheinen sich andere Stars wie Torjäger Milivoje Novakovic oder der Portugiese Maniche schwer zu tun. Latteck sagte: "Die anderen Spieler sagen, dann soll er auch alleine spielen. Er verdient soviel Geld, warum sollen wir für ihn rennen?" "Prinz Poldi", seit seiner Rückkehr von Bayern München in der Liga nur zweimal erfolgreich, vermisst unterdessen das "Familien-, das FC-, das Wir-Gefühl", das die Mannschaft beim 1:1 gegen Bayern München gezeigt habe. "Mir fehlt so ein Gefühl: Wir sind eine Macht! Wir sind der FC", sagte Podolski dem Express.
Von einer Macht, vor allem im eigenen Stadion, sind die Kölner seit längerem Lichtjahre entfernt. Sechs Siege in 30 Spielen in der WM-Arena seit dem Aufstieg 2008 stehen zu Buche - und jetzt kommt auch noch Gladbach. Gegen den fünfmaligen Meister hat Köln 20 Mal zu Hause verloren, so viel wie gegen keine andere Mannschaft. Auch daran hält man sich im Lager der Borussen, die seit vier Spielen auf einen Dreier warten, ein wenig fest. "Das Derby war für mich immer das Spiel der Saison", sagte Trainer Michael Frontzeck und fügte mit Blick auf seine aktiven Zeiten im Borussia-Trikot an: "Wir waren damals immer auf Augenhöhe mit Köln. Das sehe ich jetzt auch so. Wenn wir die drei Punkte Vorsprung auf den FC halten, wäre das gut. Es wäre aber auch schön, wenn wir nach dem Spiel sechs Punkte Vorsprung hätten."