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Das Gesicht der Kölner Ultras

1.FC Köln: Das Gesicht der Kölner Ultras
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Stephan Schell ist Capo der Wilden Horde. Die Kollegen von Rheinfussball begleiteten den Fan des Zweitligisten 1.FC Köln ihn einen Spieltag lang.

Die Wilde Horde existiert seit 1996. Wie kam Ihre Mitgliedschaft zustande? Fußball war schon immer in unserer Familie verankert. Als Fünfjähriger war ich zum ersten Mal mit meinem Vater im Stadion, seit meinem siebten Lebensjahr gehe ich regelmäßig zu den Heimspielen. Seit 1993 habe ich meine eigene Dauerkarte und bin Mitglied beim FC. In dieser Zeit fing es dann auch an, dass ich mit meinem älteren Cousin zu den nahen Auswärtsspielen fahren durfte. Dabei habe ich einige Leute der Ultras CCAA kennengelernt. Als die dann bei Heimspielen in den Oberrang gegangen sind, stand ich irgendwann auch oben. Und aus dieser Gemeinschaft hat sich die Wilde Horde entwickelt. Wobei ich mich niemals als Gründungsmitglied bezeichnen würde, weil andere da mehr Engagement hineingelegt haben. Bei mir hat sich das einfach so entwickelt.

Ultras werden oft als Chaoten, oder sogar als eine neue Art der Subkultur angesehen. Was verstehen Sie unter dem Begriff „Ultras“? Ich kann mich eher schwer mit dem Begriff Subkultur anfreunden. Ich bin in erster Linie FC-Fan. Ich wollte schon immer auch etwas mehr beim Fußball, als einfach nur das Spiel zu schauen. Die verschiedenen Vorgänge einer Fankurve, die Gesänge, die Fahnen und das ganze drumherum haben mich schon als kleiner Junge fasziniert und das hat sich mit der Zeit dann weiterentwickelt. Dass man für diese Art der Unterstützung irgendwann das Wort „Ultras" verwendet hat, konnte ich, als ich angefangen habe, noch nicht ahnen. Und dass sich selbst Wissenschaftler damit beschäftigen, finde ich übertrieben. Ich bin einfach ein Fußballfan, der seine Leidenschaft emotional auslebt und dies mit optischer und akustischer Unterstützung vornimmt.

Was bedeutet es für Sie, Capo zu sein? Ich hatte vorher nie Ambitionen, Vorsänger der Südtribüne zu werden. Als man mich damals gefragt hat, ob ich diese Aufgabe übernehmen will, musste ich auch lange überlegen. Ich hätte niemals gedacht, dass ich dafür in Frage komme, weil ich damals nicht bei jedem Termin der Wilden Horde anwesend war. Zu dem Zeitpunkt hatte ich ein recht geordnetes Leben mit Freundin und hätte nie gedacht, dass ich die ganze Sache dann irgendwann so lebe, wie ich es momentan tue. Ich habe mir ehrlich gesagt damals wenig Gedanken darüber gemacht, wo das mal hinführen wird. Also Capo muss man immer verfügbar sein, den Finger am Puls seiner eigenen Leute haben und wissen, wie die Kurve denkt. Entscheidungen sollten im besten Fall so getroffen werden, dass Fan-Szene, Kurve und Gruppe im Einklang sind.

Als Capo ist es Ihre Aufgabe, die Stimmung zu koordinieren und anzuheizen. Wie frustrierend ist es, wenn es dabei nicht so gut läuft? Ich bin der Meinung, dass es auch Stimmung in deutschen Stadien geben würde, wenn Ultras nicht mehr dort wären. Allerdings sähe die Unterstützung dann anders aus als heute, sie wäre weniger kreativ und geordnet. Trotzdem ist letztendlich immer noch die Kurve verantwortlich für die Stimmung, jeder Einzelne muss singen und mitmachen. Wenn die Leute nicht singen wollen, dann könnte ich mich sogar nackt ausziehen, dann singen sie trotzdem nicht. Was ich aber überhaupt nicht nachvollziehen kann, sind Pfiffe während des Spiels.

Nach einigen Kölsch und vielen Gesprächen über die deutsche Ultraszene, den Bundesligaspieltag von Samstag oder das bevorstehende Spiel, macht Schell sich auf, seinen Mob in Richtung Stadion zu führen. Dafür versammelt er alle draußen vor der Kneipe, schnappt sich das Megaphon und marschiert vorne weg. Insgesamt etwa 200 Leute machen sich nun geschlossen auf in Richtung Stadion, ab und zu werden Lieder angestimmt. Nach etwa fünf Minuten erreicht die Gruppe die Südtribüne des Rhein-Energie-Stadions. Schell bleibt noch einige Zeit draußen stehen. Am Bus des Sozialpädagogischen Fanprojekts muss er immer wieder ansprechbar sein. Er ist das Gesicht der Wilden Horde, alle kommen zu ihm, um ihn wegen der nächsten Auswärtsfahrt oder nach den neuen Mützen zu fragen.

Schell ist das Gesicht der Wilden Horde: „Du musst für jeden ein offenes Ohr haben“

„Du musst für jeden ein offenes Ohr haben. Das kann manchmal schon anstrengend sein, weil jeder Zuschauer meint er kennt mich und wir sind Freunde, nur weil ich immer auf dem Zaun stehe. Eigentlich bin ich auch nicht der Typ für Small-Talk und Shakehands“, beschreibt Schell die Situation vor Spielbeginn. Aber der Capo ist nicht nur Ansprechpartner für alle Fans, sondern auch der Ordnungsdienst wendet sich bei Fragen an ihn.

Das Verhältnis von Polizei und Ultras ist sehr schwierig. Warum? Ultras schauen nicht zuerst aufs Gesetzbuch, bevor sie ihre Emotionen ausleben. Für die Polizei ist das Gesetz das oberste Gebot. Ein weiteres Problem ist, dass nicht nur Fußballfans, sondern auch Polizeibedienstete sich nicht immer an Gesetze halten. Ein Dialog wäre glaube ich nicht zielführend, das Themenfeld wäre begrenzt. Es gibt Gesprächsthemen mit dem Verein oder anderen Fans, aber nicht zwangsläufig mit der Polizei.

Ultras werden sehr oft gleichgesetzt mit Gewalttätern und Hooligans. Was denken Sie über Gewalt in der Ultras-Szene? Es wird zu sehr thematisiert. Gewalt gab es immer, nicht nur bei den Ultras, sondern grundsätzlich im Fußball. Auch Hooligans haben die Gewalt nicht ins Stadion gebracht. Fußball war immer ein rauer emotionaler Sport, wo verbal und nonverbal über die Stränge geschlagen wurde. Ich bin mir sicher, dass bei sämtlichen Volksfesten mehr Gewaltausschreitungen stattfinden, als bei jedem Fußballspiel. Fußball polarisiert einfach die Massen und deswegen wird das Thema Gewalt hier so extrem thematisiert.

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