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Corona bedroht Transfersystem: „FIFA muss handeln“

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Die EM-Verschiebung soll den Ligen Luft verschaffen, um die Saison zuende spielen zu können - doch am 30. Juni enden zahlreiche Spielerverträge. Das wirft komplexe rechtliche Fragen auf.

Die FIFA hat den Ernst der Lage erkannt. In seiner jüngsten Stellungnahme zur Coronakrise kündigte der Weltverband an, mit der internationalen Fußballfamilie möglicherweise „notwendige Veränderungen“ des Transfersystems zu erörtern. Der Grund für diesen außergewöhnlichen Vorgang: Verträge sollen geschützt werden - im Sinner der Spieler, aber auch im Sinne der Klubs.

Die EM-Verschiebung soll den Ligen und Verbänden Luft verschaffen, um die aktuelle Saison zuende spielen zu können - doch zahlreiche Verträge enden am 30. Juni. Für die Fußballwelt ist es das magische Datum in Zeiten des Virus. Die Ligen und die Spielergewerkschaft FIFPRO haben sich deshalb in einer gemeinsamen Erklärung mit der UEFA verpflichtet, „alle nationalen und europäischen Klubwettbewerbe“ bis 30. Juni zu beenden.

Doch was, wenn Corona das verhindert? Wenn doch länger gespielt werden muss? Dann könnten Profis, deren Verträge im Sommer auslaufen, auf der Zielgeraden der Saison den Klub wechseln - sofern die FIFA nicht bald etwas anderes entscheidet. „Wenn also ein Profi von Bayern München auf den Verein zukommt und sagt: Ich gehe jetzt zu Inter Mailand. Dann könnten die Bayern diesen Spieler nicht halten“, sagt der renommierte Arbeitsrechtler Johan-Michel Menke im SID-Gespräch. DFB-Präsident Fritz Keller betonte: „Das ist echt ein Problem, da müssen sich die Vereine mit ihren Spielern einig werden.“

Menke ist vom Fach, er vertrat Bundesligist FSV Mainz 05 im spektakulären Fall Heinz Müller erfolgreich. Er schätzt, dass durchschnittlich sechs bis sieben Spieler pro Klub betroffen sein könnten. Die Vereine müssten auf jeden einzeln zugehen „und ihn um eine neue Befristung bitten - und der Spieler muss zustimmen“. Möchte ein Star gehen, dürfte er „arbeitsrechtlich gesehen wechseln“, betont Menke. Stand jetzt.

Auch Menke sieht die FIFA gefordert. „Der Weltverband wird so schnell wie möglich handeln und möglicherweise Vereinswechsel zunächst verbieten müssen“, sagt er. Einige nationale Verbände haben die FIFA bereits aufgefordert, dies zu tun. Zumal das Transferfenster aktuell in einigen Ligen wie der nordamerikanischen MLS, der japanischen J-League oder in Brasilien, aber auch in Schweden oder Norwegen geöffnet ist. Nicht wenige befürchten chaotische Zustände. „Mein gesunder Menschenverstand sagt auch, dass es im Sommer kein Transferfenster wie in der Vergangenheit wird“, sagte Oliver Mintzlaff, Geschäftsführer von RB Leipzig, am Mittwoch.

Corona stellt die Klubs aber noch vor ganz andere arbeitsrechtliche Herausforderungen. Sie müssen etwa ihre Spieler weiter bezahlen, „solange die Spiele lediglich zum Gesamtschutz abgesagt sind“, wie Menke erläutert. Beurlaubungen seien zwar möglich, „allerdings nur mit Einverständnis der Spieler“. Dasselbe gilt für Kurzarbeit, die der Jurist der Wirtschaftskanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek „ein sehr gutes Instrument“ vor allem für kleinere Klubs unterhalb der 1. und 2. Bundesliga hält, um das finanzielle Überleben zu sichern.

Sollte ein Profi am Virus erkrankt und/oder in Quarantäne sein, hat er - zunächst für sechs Wochen - Anspruch auf Lohnfortzahlung. Notfalls muss dafür der Staat aufkommen, auch für die Millionengehälter der Topstars. Diesen empfiehlt Menke jedoch, ganz oder teilweise auf ihr Gehalt zu verzichten - zum Wohle ihrer Klubs. sid

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