Ich kam vor Beginn des 800 Meter-Laufes der Männer hinzu. Die Läufer wurden gerade vorgestellt, und ich muss zugeben, dass mir die jeweiligen Namen recht wenig sagten. Einzig Nils Schumann war mir ein Begriff, auch hätte ich ihn ohne Namensnennung wieder erkannt.
Der Reporter erzählte von einer Art Comeback, überwundenen Verletzungen, vergangenen Dopingvorwürfen und fragte sich, ob der Sportler noch einmal an seine großen Tage anknüpfen könnte. Immerhin war Nils Schumann über jene Distanz der Überraschungssieger der Olympischen Spiele in Sydney – das war im Jahr 2000 – und galt als Nachfolger von Willi Wülbeck. Wie dem auch sei. Der Lauf wurde gestartet und ich war schon etwas verwundert, wie schnell Schuhmann gegen seine Mitstreiter an Metern verlor, ja dem Feld geradezu hinterher lief. Irgendwie tat er mir in diesem Augenblick leid, woran sich auch im Weiteren nichts ändern sollte. Er wurde schließlich mit knapp vier Sekunden Rückstand Letzter. Das las ich im Rahmen der Berichterstattung, ich hatte beim Einlauf allerdings den Eindruck, er sei Vorletzter geworden. Aber unabhängig davon welcher Platz es nun war, vier Sekunden sind auf 800 Metern fast eine Welt – oder?
Ich erschrak über mich selbst und meine Empfindungen. Mitleid zu erhalten ist wohl das Unangenehmste, was einem Sportler widerfahren kann. Dennoch. Während Schumann vor dem Start konzentriert und angespannt wirkte – ich glaubte eine gewisse Unsicherheit sehen zu können – waren die übrigen, wesentlich jüngeren Läufer, konzentriert und tendenziell entspannt. Sie schienen der Ansicht zu sein, nichts verlieren zu können.
Auf jeden Fall bin ich nach diesem Erlebnis wirklich gespannt, ob es Nils Schumann schafft, noch einmal an seine großen Tage anzuknüpfen oder dann aber doch Gewesenes sein lässt. Ein Problem, das offensichtlich eine Reihe von Sportlern hatte und hat. Sie finden, aus welchem Grund auch immer, nicht den richtigen Zeitpunkt ihre Karriere zu beenden. Irgendwie eigentlich nicht wirklich schlimm, wäre es denn nicht so bedauerlich so etwas miterleben zu müssen. Man erinnere sich nur an die häufigen Rücktritte vom Rücktritt.