Sven Mislintat bringt alles mit, was man bei Borussia Dortmund an Verbundenheit zur Region aufbieten kann. Geboren in Kamen. Erste Spielerstation beim Lüner SV. Co-Trainer bei Westfalia Herne. Und dann als Scout so auffällig unauffällig, dass jedem im Verein klar wurde: Es geht ihm einzig und alleine um den BVB. Er avancierte zum Bauherr der beiden Meistertitel 2011 und 2012. „Ich bin hier geboren, aufgewachsen, arbeite seit 2006 für den Klub, bin durch und durch Borusse“, sagt Mislintat.
Nun verlässt der 45-Jährige nach über zehn Jahren Borussia Dortmund. Für eine Ablösesumme von exakt 1,5 Millionen Euro wechselt Mislintat zum FC Arsenal ins ferne London. An Dankesreden und besten Wünschen für die Zukunft mangelt es nicht. Er hätte beim BVB bleiben können. Aber sein Frust über die Zeit mit Cheftrainer und Bosz-Vorgänger Thomas Tuchel wirkt nach.
Das vom ehemaligen Trainer initiierte Verbot, das Trainingsgelände zu betreten und die damit verbundene klare Anweisung mich vom inneren Kreis fernzuhalten, von Spielern und vom Staff, darunter viele Freunde, mit denen ich Jahre eng zusammen gearbeitet habe, hat meine Denkweise entscheidend beeinflusst
Sven Mislintat
„Ich wäre wahrscheinlich nie auf die Idee gekommen, mich mit anderen Klubs und Angeboten zu beschäftigen, wenn nicht passiert wäre, was eben passiert ist“, so Mislintat gegenüber dieser Zeitung. „Das vom ehemaligen Trainer initiierte Verbot, das Trainingsgelände zu betreten und die damit verbundene klare Anweisung mich vom inneren Kreis fernzuhalten, von Spielern und vom Staff, darunter viele Freunde, mit denen ich Jahre eng zusammen gearbeitet habe, hat meine Denkweise entscheidend beeinflusst.“
Seit die Vereinsführung vorige Saison die Notwendigkeit sah, den umstrittenen Tuchel gegen ihn zu unterstützen, spürte Mislintat einen Bruch zwischen sich und seinem geliebten Klub. Diesen Riss konnten sie nicht mehr kitten. Sportdirektor Michael Zorc, der wie kein zweiter von Mislintats Scouting-System profitierte, konnte nichts tun. Es war wie bei einem Seitensprung: unverzeihlich. Mislintat weiter: „Ich hatte auch in den Jahren zuvor schon Angebote, habe aber nie wirklich darüber nachgedacht, mich zu verändern.“
Warum dann jetzt schon?
Mislintat stellt klar: „Um Freigabe gebeten zu haben, ist keine Entscheidung gegen Dortmund, sondern eine für Arsenal, eine für die Herausforderungen durch ein anderes Land, eine andere Kultur und eine Liga, eine für das Wachsen an neuen Aufgaben. Am ehesten ist das alles für mich zu vergleichen mit einem Auszug aus dem Elternhaus. Es ist traurig und schön zugleich.“
Mislintat betont heute: „Ein Riesendank geht an meine Bosse! In all der Zeit standen Michael (Zorc) und Aki (Watzke) immer hinter mir. Sie haben mich auch in der erwähnten, komplizierten Zeit einbezogen, als es darum ging, das Scouting so aufzustellen, dass es unabhängig von Personen immer auf einem sehr, sehr hohen Level funktionieren wird. Das war mir sehr wichtig!“
Mislintat gegenüber dieser Zeitung: „Ich mache mir um Borussia Dortmund nullkommanull Sorgen, weil ich die handelnden Personen kenne und weiß, dass hohe fachliche Qualität mit einer enormen inneren Ruhe einhergeht. Den Leuten beim BVB geht es um Fußball! Das habe ich immer geschätzt und das werde ich immer schätzen. Und auch vermissen.“