Immer wieder fallen Migrantenteams aus der Rolle. Nach dem neuen gewalttätigen Übergriff im Essener Amateurfußball zieht der Fußballkreis Essen Nord/West jetzt erste Konsequenzen. Für Spiele des BV Altenessen II, dessen Kapitän am Sonntag einen Schiedsrichter niedergeschlagen hatte, werden vorerst keine Unparteiischen mehr angesetzt. Kreisvorsitzender Thorsten Flügel würde sogar noch einen Schritt weiter gehen. Aus Protest gegen Attacken auf Unparteiische wurde in Duisburg 2011 ein kompletter Spieltag von Schiedsrichtern boykottiert. "Ich bin eigentlich gegen Kollektivstrafen, aber wenn es hilft: In Duisburg ist es danach ruhiger geworden. Deshalb kann ich mir bei uns auch so einen Boykott vorstellen", sagte Flügel der WAZ.
Polizei ermittelt gegen Angreifer
Am Sonntag hatte ein Spieler des BV Altenessen II beim Duell mit Juspo Essen-West den 42-Jährigen Schiedsrichter niedergeschlagen. Das Spiel wurde abgebrochen. Die Polizei griff ein. Aus dem Umfeld des Opfers war am Montag zu hören, dass es ihm den Umständen entsprechend gut gehe. Die Polizei ermittelt wegen Körperverletzung gegen den Angreifer. Ihm droht zudem eine lebenslange Fußball-Sperre. Es war schon der vierte gewalttätige Übergriff im Essener Fußball in den letzten fünf Monaten. Die schlimme Bilanz: Ein Kopfstoß plus Tritte gegen den Kopf, ein Faustschlag mit doppeltem Kieferbruch bei einem Schiedsrichter und ein weiterer Kopfstoß samt Nasenbeinbruch. Zwei Mal gab es für die Täter eine lebenslange Sperre.
Vereinen und Funktionären ist eine gewisse Ratlosigkeit anzumerken. "Mit Entsetzen, Fassungslosigkeit und Verärgerung haben wir die Vorkommnisse wahrgenommen", sagte am Montag Bodo Hanenberg aus dem Vorstand des BV Altenessen. "Wir sind einer der Vereine, die Wege suchen, Jugendliche und junge Erwachsene mit unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen in unsere Teams zu integrieren. Leider fallen uns einige Spieler wiederholt in den Rücken."
Schon im September hatte es einen Spielabbruch mit Beteiligung des BV Altenessen II gegeben. Damals hieß der Gegner Fatihspor Essen. In der Altenessener Reserve, sagte gestern ein Kenner des Kreisliga-Fußballs, spielen viele Fußballer, die zu gut für die B-Liga sind. Die aber auch in anderen Vereinen bereits Probleme hatten.
Der Fußballkreis Essen Nord/West steht vor einem Problem. Immer mehr Schiedsrichter bitten darum, bei bestimmten Vereinen nicht mehr eingesetzt zu werden. Das sind Klubs, in denen vor allem Migranten spielen. Denn hier sind Ärger und Übergriffe fast programmiert. Das sind Gedanken und Beobachtungen, die kein Funktionär so offen aussprechen will. Aber es gibt belastbare Zahlen: Aus den Sonderberichten, die nach Spielen mit Auffälligkeiten angefertigt werden, geht hervor: 85 Prozent der Täter haben einen Migrationshintergrund - auch der Kicker, der am Sonntag den Schiedsrichter niederschlug. "Ich muss feststellen, dass sich Migrantenvereine nicht benehmen können. Da wird mehr gepöbelt als gespielt", sagte Walid Siala nach dem Spielabbruch im vergangenen September. Der gebürtige Libanese war damals Teammanager bei BV Altenessen II.