Natürlich müssen sich Deutschlands Nationalspieler jetzt einiges gefallen lassen. Dies ist die Zeit der Abrechnungen. „Ich gehe davon aus, dass sich der DFB von vielen Spielern trennen wird“, sagt der frühere Bundestrainer Berti Vogts, denn: „Sie haben es nicht verdient, weiter für unsere Nationalmannschaft zu spielen.“ Und Paul Breitner, wie Vogts Weltmeister von 1974, behauptet: „Das war Altherrenfußball.“ Womit er natürlich alle Altherrenfußballer beleidigt hat.
Joachim Löw kennt die Ursachen für das peinliche WM-Aus. „Es gibt ja nicht nur einen Grund“, hat er gesagt. Aber einer war besonders schwerwiegend: die Überheblichkeit. Und zwar nicht nur die der Spieler, die sich als Weltmeister für unverwundbar hielten. Sondern auch die der DFB-Bosse, die das sensible Thema Özil/Gündogan/Erdogan per Befehl beenden wollten. Und, ja, auch die des Bundestrainers, der Marco Reus gegen Mexiko nicht brachte, weil er ihn „für die wichtigen Spiele schonen“ wollte.
Und nun? Der historisch frühe K.o. bietet die große Chance zu einem ehrlichen Neustart, ein Durchmogeln über weitere Runden hätte das scheußliche Gesamtbild nur übertüncht. Garantiert werden sich Spieler von der Nationalmannschaft verabschieden. Die Kernfrage aber ist: Was wird aus Joachim Löw?
Dass er über einen Rücktritt nachdenkt, ist offensichtlich. Er lügt sich nicht raus, er steht zu seiner Verantwortung und gibt offen zu, dass er es nicht geschafft habe, die Mannschaft in Form zu bringen. Es wäre nicht verwunderlich, wenn er die Konsequenzen zöge.
Joachim Löw hat Stil. Er ist all denen, die mit ihm zu tun haben, stets mit Respekt begegnet. Und jetzt hat er selbst es verdient, mit Respekt behandelt zu werden. Er hat eine Ära geprägt. So einen Mann, den Weltmeistertrainer von 2014, jagt man nicht vom Hof. Auch wenn eine Trennung gerade logisch erscheint: Falls es dazu käme, sollte sie dringend von Würde und Aufrichtigkeit begleitet werden.
Mal ganz abgesehen davon, dass die Suche nach einem Nachfolger noch turbulent werden dürfte.