Nur die Sonne strahlte: Als die Spieler der französischen Nationalmannschaft nach der Ankunft in Südafrika über den Golfplatz nahe ihres WM-Quartiers in Knysna schlenderte, konnten weder das Wetter noch die Schönheit der Natur für gute Laune sorgen. Blamiert, frustriert und konsterniert schlichen Bayern-Star Franck Ribery & Co. über das Grün. Die peinliche Schlappe im WM-Test gegen China am Freitagabend auf der Insel La Reunion (0:1) nagte weiter an den Nerven.
Bis zu ihrem Auftaktspiel am Freitag gegen Uruguay wartet auf die einst so stolze Equipe Tricolore in der noblen Unterkunft an der Garden Route noch viel Arbeit. Es wird ein steiniger Weg. Zumal der Ton in der Heimat schon jetzt rauer wird. "Alarmstufe Rot. Es herrscht der Notzustand", titelte Frankreichs Sporttageszeitung L'Equipe nach der Blamage gegen den 84. der FIFA-Weltrangliste und brachte die Stimmung im Land des Vize-Weltmeisters auf den Punkt.
Raymond Domenech (Foto: firo).
So heißt es bei den Franzosen und ihrem seit seinem Amtsantritt 2004 fast permanent im Kreuzfeuer öffentlicher Kritik stehenden Trainer Raymond Domenech kurz vor Turnierbeginn: Anspannung statt Vorfreude, Stress statt Euphorie und Last statt Lust. "Irgendetwas fehlt uns. Ich sage nicht, dass ich unbesorgt bin. Aber man sollte berücksichtigen, dass es nur ein Testspiel war. Die Weltmeisterschaft beginnt erst am 11. Juni - nicht jetzt", meinte Domenech, ergänzte aber: "Vor dem Tor fehlt es uns an Spontanität und Frische. Es liegt noch eine Woche voll harter Arbeit vor uns."
Es ist jedoch mehr als ein Feinschliff, den der Coach seinem Team auf der Zielgeraden der Vorbereitung noch verpassen muss. Ob dem 58-Jährigen noch rechtzeitig die Wende gelingen wird, scheint fraglich. War die Testphase bisher doch eher Tal- als Bergfahrt. Einem mühevollen 2:1 gegen Costa Rica folgte ein wenig überzeugendes 1:1 gegen Tunesien. Die Niederlage gegen die nicht für die WM qualifizierten Chinesen bedeutete nun den Tiefpunkt.
Thierry Henry: Nur noch zweite Wahl (Foto: firo).
Daran konnte auch Ribery nichts ändern, der bei der Partie auf La Reunion noch zu den besseren Akteuren bei "Les Bleus" gehörte. Ex-Kapitän Thierry Henry vom FC Barcelona stand derweil erneut nicht in der Startformation. "Eine Niederlage so kurz vor Turnierbegionn ist nie gut. Aber jetzt werden wir besonders konzentriert sein", versprach Mittelfeldstar Yoann Gourcuff von Girondins Bordeaux. Domenech will sich von den blanken Resultaten nicht beirren lassen. "Gegen China haben wir uns schon viel mehr Chancen herausgespielt. Ich denke, wir verbessern uns", sagte der Coach, der sich zuletzt sogar Attacken des französischen Fußball-Idols und UEFA-Präsidenten Michel Platini ausgesetzt gesehen hatte: "Wir haben ein Raymond-Problem." Mit Ende der WM ist dieses jedoch gelöst. Der ungeliebte Trainer wird durch Laurent Blanc ersetzt.
Zuvor gilt es jedoch, den Schwierigkeiten zu trotzen und in Südafrika zu bestehen. Auf schon vor dem Anpfiff eingeschüchterte Gegner sollten Domenech und Co. allerdings nicht hoffen. Uruguays Nationaltrainer Oscar Tabarez schickte jedenfalls schon mal einen Gruß in Richtung der Franzosen: "Sie werden nicht bestimmen, wie wir gegen sie spielen. Frankreich wird Respekt vor uns haben und wir werden ihnen das Leben schwer machen."
Auch den weiteren Gruppengegnern Mexiko und Gastgeber Südafrika dürften vor der Equipe Tricolore nicht gerade die Knie schlottern. Im Falle eines Vorrunden-Ausscheidens könnte die WM für Frankreich schon am 22. Juni beendet sein. Was bliebe, wäre neben großer Enttäuschung auch eine schnelle Erlösung - die von Domenech.