"Man muss sich doch nur mal die ehemaligen Kapitäne anschauen: Fritz Walter, Uwe Seeler, Franz Beckenbauer. Wenn man diese Namen liest, dann weiß man, was es bedeutet, Kapitän der deutschen Nationalmannschaft zu sein. So eine große Fußball-Nation in eine WM zu führen, das ist eine unglaublich große Ehre. Und natürlich ist es auch eine große Herausforderung", sagte der 26-Jährige von Bayern München vor der WM-Generalprobe gegen Bosnien-Herzegowina in Frankfurt/Main.
"Unsere Generation ist jetzt soweit"
Eine Bürde sei das Kapitänsamt, das er während der WM in Südafrika anstelle des verletzten Michael Ballack inne hat, aber dennoch nicht für ihn. "Im Gegenteil. Und es ist ja auch nicht so, dass ich alleine die Verantwortung tragen würde. Mit Bastian Schweinsteiger habe ich einen zweiten Kapitän neben mir, Arne Friedrich, Miro Klose und Per Mertesacker sind im Mannschaftsrat. Wir haben schon einiges zusammen erlebt. Und ich glaube, dass wir gemeinsam den jungen Mitspielern helfen können", betonte Lahm und fügte an: "Unsere Generation ist jetzt soweit."
Deshalb glaubt der Münchner trotz der vielen verletzungsbedingten Ausfälle auch an ein erfolgreiches WM-Abschneiden der deutschen Mannschaft: "Wir werden in Südafrika sicher nicht immer die besten Einzelspieler haben, aber wir haben eine sehr gute Mannschaft. Die muss man erst mal schlagen. Und jeder weiß, dass das nicht leicht wird. Deshalb mache ich mir keine Sorgen", meinte Lahm: "Unser großes Ziel ist zunächst das Halbfinale, danach wollen wir dann auch mehr."
"Besser, wenn die Hierarchie flach strukturiert ist"
Eine Kopie von Ballack will der jüngste Kapitän einer DFB-Auswahl bei einem großen Turnier nicht sein. "Jeder hat seine Art, diese Rolle auszufüllen. Ein Lothar Matthäus, ein Oliver Bierhoff, ein Oliver Kahn, alle hatten ihre individuelle Interpretation. Es gibt in unserem Kader für Südafrika nicht den einen alle überragenden Spieler, jeder muss für das Team Verantwortung übernehmen", umriss er seinen Führungsstil.
Deshalb hält Lahm auch nichts von einer festen Hierarchie im Team: "Natürlich wird es im Fußball immer besondere Spielerpersönlichkeiten geben. Meiner Meinung nach ist es aber grundsätzlich besser, wenn die Hierarchie flach strukturiert ist. Wenn jemand ausfallen sollte, ist das besser zu verkraften."
"Bindeglied zwischen Team und Trainer"
Er selbst will seine neue Rolle entsprechend interpretieren: "Respekt bekommt man nicht durch das Auftreten, sondern durch die Leistung auf dem Platz. Nur dadurch erarbeitet man sich seinen Stellenwert in der Gruppe. Die entscheidende Aufgabe ist jetzt für mich, das Bindeglied zwischen Team und Trainer zu sein."
Für Bundestrainer Joachim Löw ist der Abwehrspieler nach dem Ballack-Aus die Idealbesetzung. "Lahm äußert seine Meinung über Dinge, die in der Mannschaft passieren, immer klar und deutlich. Er hat auch ein Auge für die Dinge, die auf dem Platz passieren. Er macht sich unheimlich viele Gedanken und ist ein wichtiger Ansprechpartner für mich, sein Feedback ist immer offen und ehrlich", sagte Löw.
Für Musterprofi Lahm sollen die nächsten Wochen auf jeden Fall unvergesslich werden, zumal er am 14. Juli seine Freundin Claudia heiratet - drei Tage nach dem WM-Finale. "Da will ich unbedingt dabei sein", betonte der 26-Jährige zuletzt immer wieder, "zwei große Träume würden dann in Erfüllung gehen. Doch für mich wird es auf jeden Fall ein schöner Sommer."