Ganz und gar nicht zimperlich ist die spanische Presse mit Rekordmeister Real Madrid nach dessen peinlicher Champions-League-Vorstellung in Lyon umgegangen. "Desaströs! Dieses Real ist nur noch ein Imitat der Vergangenenheit", ätzte Marca nach dem 0:2 der "Millionarios" zum Auftakt der Königsklasse bei Frankreichs Abonnement-Meister Olympique Lyon. AS formulierte nach der ersten Pflichtspiel-Niederlage der Saison eine deutliche Warnung an den neuen Coach Fabio Capello: "Capello, es reicht!" Das vor der Saison von den Verantwortlichen mühsam propagierte Bild vom "neuen Real" erhielt bereits erste Risse.
Nach der hilf- und ideenlosen Leistung steht Real bereits frühzeitig in der Saison in der Kritik. Capello wollte die Leistung nicht schönreden, fordert stattdessen Geduld: "Wir haben noch eine Menge Aufbauarbeit zu leisten. Aber ich glaube an die Qualität meiner Spieler. Wir werden uns bald verbessern."
Wie viel Arbeit auf den ehemaligen Erfolgs-Coach von Italiens Rekordmeister Juventus Turin wartet, offenbarte die Partie in Frankreich. Ähnlich wie schon beim 0:3 in Lyon zum Auftakt der vergangenen Champions-League-Saison präsentierten sich die Königlichen trotz einer 62-Millionen-Euro-Einkaufstour durch Europa wenig majestätisch. Die Spanier waren zu langsam, unbeweglich im System und anfällig in der Abwehr - mit den beiden Gegentoren durch die Brasilianer Fred (11.) und Tiago (31.) war Madrid noch gut bedient.
Cannavaro ein einziger Unsicherheitsfaktor
"Lyon war technisch und vor allem physisch stärker als wir", gab Capello zu, der den Schlüssel für die Niederlage im Defensivverhalten sah: "Unsere Abwehr war heute Abend dem Angriff von Lyon nicht gewachsen." Selbst Italiens Weltmeister-Kapitän Fabio Cannavaro ließ sich an seinem 33. Geburtstag von der Nervosität anstecken und leistete sich den einen oder anderen gravierenden Fauxpas. "Cannavaro feierte einen Geburtstag mit amateurhaften Schwächen", verkündete der TV-Sender TVE, für AS verkörperte der Neuzugang für die Innenverteidigung "das Sinnbild des Chaos".
Als sei der Spott in den spanischen Medien nicht schon genug, wirkte der Trost des Siegers wie eine zusätzliche Schmach: "Um Real muss man sich keine Sorgen machen. Sie haben eine großartige Mannschaft und werden schon bald nur sehr schwer zu schlagen sein", glaubt Lyons Spielmacher Juninho. Für Trainer Gerard Houllier grenzte die Leistung seines Teams an Perfektion: "Ich kann gar nicht sagen, wie stolz ich bin, an diesem Abend Trainer von Olympique Lyon gewesen zu sein."