Stefan Beermann, der Begriff Gefühls-Wechselbad dürfte nicht ganz aus der Luft gegriffen sein, oder? Es gab in der Tat Zeitpunkte, da habe ich gedacht: Es wird nichts mehr. Da ging es hin und her, es war unheimlich viel Telefoniererei. Alle aus der Chef-Etage haben mit angepackt, mein Vater und Aufsichtsrats-Chef Wilhelm hat aus dem Urlaub mitgerödelt. Also konkret: Die Insolvenz ist abgewendet? Wir haben fast alle nötigen Zusagen über die Summe von 350.000 Euro, wenn nichts Außergewöhnliches mehr passiert, dann müsste in dieser Woche alles unter Dach und Fach gebracht werden. Einiges muss noch in Schriftform gegossen werden, dazu wird ein Konto eröffnet, auf das die Beträge fließen können. Was wäre im Insolvenz-Fall passiert?
Vorsorgen wurden getroffen, wir hätten unter neuem Namen mit 50 Gründungsmitgliedern, die alle schon ihre Unterschrift geleistet hatten, neu begonnen. Alle Materialien, wie etwa Verkaufs-Container, die vorher zu unserem Eigentum zählten, wären bei einer Insolvenz verloren gewesen. Wir hätten im Prinzip mit 50 Leuten wirklich bei Null angefangen. Jetzt gibt es einen Neustart unter altbekanntem Namen, richtig?
Zum 1. Juli 2007 sind wir schuldenfrei, sofern alle wirklich ihre Zusage einhalten. Wenn man bedenkt, dass vor ein paar Wochen noch 1,244 Millionen Euro Schulden vorhanden waren, ist das schon eine Leistung. Es gibt keine Abspaltung der Frauen-Abteilung, alles läuft wie bisher. Bei einer Neugründung hätten wir garantiert Mitglieder verloren, auch das bleibt uns erspart. Wie schafft man das mit einem Verein, der weder in der Fan- noch in der Gönner-Gunst weit oben steht oder zwischen den großen Revier-Tankern fast erdrückt wird?
Indem alle an einem Strang ziehen. Natürlich ist uns klar, dass sich irgendwann der Kreis von den Sponsoren, die man ansprechen kann, erschöpft. Ohne die Kontakte meines Vaters, der 80, 85 Prozent hereingeholt hat, wäre es nicht zu diesem positiven Abschluss gekommen. Wichtig ist gerade jetzt, dass wir uns nicht zurücklehnen und sagen: Wir sind gerettet. Nun geht es darum, den Etat für die neue Saison zu sichern. Ein gutes Stichwort: Wie bewerten Sie die zusammengestellten Kader von "Team 1" und "Team 2", die ja in verschiedenen Verbandsliga-Gruppen um Punkte kämpfen?
In der zweiten Mannschaft, die als U21 an den Start geht, haben sich viele junge Leute selbst angeboten, der Kader war schnell zu. Die Resonanz war richtig gut. Alle, die aus der A-Jugend hochrücken, erhalten Zwei-Jahres-Verträge. So können wir die Talente langfristiger halten und von der Ausbildung profitieren. Unsere aus der Oberliga abgestiegene Truppe hat durchaus Qualität, gerade vorne sind wir mit Ropkas, Diaz, den Verbandsliga-erprobten Tartar und Merhi gut besetzt. Vielleicht kommt auch Mo Abdulai, der heute seinen Urlaub beendet, dazu. Spielt Wattenscheid künftig vor leeren Rängen?
Warum? Ich sage: Wenn wir einigermaßen eine Rolle einnehmen, dann werden wir kaum einen Fan weniger haben, als im letzten Jahr. Die Zahl 400 plus ist realistisch. Siege machen Spaß, da kommen die Fans automatisch ins Stadion.