Arie van Lent saß nach dem Spiel gegen Rot-Weiß Oberhausen noch lange auf der Bank vor dem Kabinentrakt am Grenzlandstadion in Rheydt. Neben ihm ein junger, schüchtern daher kommender Mann - Mandela Egbo. Der Gladbacher U23-Trainer erklärte dem britischen U-Nationalspieler, wieso es nicht für einen Einsatz gereicht hatte. Der 19-Jährige kam im vergangenen Jahr von Crystal Palace an den Niederrhein. Bereits im Vorfeld wurde von den Verantwortlichen verkündet, dass Egbo primär in der U23 zum Einsatz kommen und Spielpraxis sammeln soll.
Wir werden weiter konsequent das Prinzip der Durchlässigkeit vom Nachwuchs zu den Profis verfolgen
Max Eberl (Borussia Möchengladbach)
Das Problem: Der Engländer ist nicht der einzige externe junge Spieler bei der Fohlenelf. In der Startformation für das Spiel gegen RWO standen mit Laszlo Benes und Djibril Sow zwei Akteure, die ebenfalls aus dem Ausland kamen und bereits mit den Profis trainieren. Ersterer ist neu in Deutschland - die Sprache fällt ihm noch schwer. Deshalb wird er unter anderem von Igor Demo betreut, der seinem slowakischen Landsmann den Einstieg in Mönchengladbach erleichtern soll.
Geholt wurden diese jungen Spieler aber mit Weitsicht. Der Sportdirektor der Borussia, Max Eberl, ist bekannt für diese. Gegen Oberhausen saß der 42-Jährige zusammen mit Co-Trainer Manfred Stefes, Teammanager Steffen Korell und Torwarttrainer Uwe Kamps auf der Tribüne und beobachtete seine Jungs aufmerksam. Dass diese dann auch spielen sollten, erscheint logisch. Dies stellt teilweise aber auch einen Drahtseilakt für den Trainer dar: "Das ist nicht immer ganz so einfach zu managen," erzählt van Lent. "Wir haben einige von den Jungs bei uns. Die brauchen alle ihren Spielrhythmus. Anderseits will ich auch nicht die Spieler, die immer da sind und permanent für die U23 spielen, auseinander reißen."
Gegen RWO durften Benes und Sow von Beginn an auf dem Feld stehen. Mit Egbo und Tsiy William Ndenge, der die gesamte Vorbereitung bei den Profis absolvierte, mussten aber auch zwei vielversprechende Talente auf der Bank Platz nehmen. "Als Trainer wünscht man sich immer eine gewisse Struktur, die will ich nicht kaputt machen. Wir versuchen den Jungs so viel Spielzeit zu geben wie möglich, aber das gelingt nicht immer," begründet van Lent.
Der Name Fohlenelf ist nicht vom Himmel gefallen. Die Borussia beeindruckt nicht nur durch eine offensive Spielweise, sondern auch durch ein junges Durchschnittsalter - und das nicht erst seit gestern. Seit dem Umzug in den Borussia-Park 2004 schafften über 20 Talente den Sprung zu den Profis in die Bundesliga. Eine starke Quote, die beweist: Die Verantwortlichen legen viel wert auf Transparenz: "Wir sind der passende Verein mit der passenden Philosophie und dem passenden Umfeld. Alles trägt dazu bei, dass sich junge Spieler bei uns gut entwickeln können," erzählt Eberl und fügt hinzu: "Wir werden weiter konsequent das Prinzip der Durchlässigkeit vom Nachwuchs zu den Profis verfolgen."
Dass dies nicht einfach so daher gesagt ist, verdeutlicht schon alleine die architektonische Dichte der beiden Mannschaften. Denn die Kabinentrakte im Borussia-Park liegen direkt gegenüber. "Das Verhältnis zwischen der Ersten und Zweiten Mannschaft ist eng," berichtet Giuseppe Pisano, Kapitän der U23. "Wir sehen uns fast täglich auf dem Trainingsplatz, von daher kennt man sich untereinander." Arie van Lent muss bei dem Gedanken der Transparenz schmunzeln: "Die Jungs denken: ´Eigentlich ist es gar nicht mehr so weit´. Aber es ist doch noch ein harter und weiter Weg." Das Jugendkonzept der Borussia imponiert dem Holländer: "Dies fängt schon in der Jugend an. Es ist schön zu sehen, dass die Jungs sich untereinander kennen. So erfährt jeder auch eine Spur Wertschätzung. Alles in allem eine sehr angenehme Atmosphäre zum Arbeiten."
Unter diesen Voraussetzungen lassen der nächste Marc-André ter Stegen und der nächste Mahmoud Dahoud vermutlich nicht lange auf sich warten...