Tore: 1:0 (47.) Atulahi, 1:1 (53.) Setzke, 2:1 (71.) Atulahi, 3:1, 4:1 (87./90.) Adnaouene.
BSC: Menningen - Nachtigall, Wiwerink, Canizalez - Tennagels (38. Adnaouene), Addai (63. Binder), Nian, Atulahi - Moschny (78. Maizi) - Millitürk, Aydogmus.
SCW: Bautz - Barton, Mustroph, Eisen, Gidaszewski (87. Kilian) - Gebauer, Allali, Tahiri (74. Lewejohann) - Badur, Behrend (83. Mutluer) - Setzke. SR: Markus Schumacher (Oberhaus.). Zuschauer: 2000.
Lange übten sich 1700 Besucher aus der ehemaligen Bundeshauptstadt in vornehmer Zurückhaltung. Schlachtrufe kamen nur aus dem etwa 300-köpfigen Herner Fanblock, und auch auf dem Platz machten die Gäste die Musik. Am Ende war alles anders. Der Bonner SC nutzte katastrophale Schwächen in Westfalias Abwehrzentrale gnadenlos aus, schoss die Schlebach-Elf in den letzten Minuten förmlich ab und sich selbst an die Tabellenspitze. Und plötzlich entdeckten sogar die reservierten BSC-Fans ihre Stimmbänder. Das Sportzentrum Nord, nicht unähnlich einem Hochsicherheitstrakt, erbebte unter ihren Freudengesängen.
Was die Laune vieler Herner Richtung Gefrierpunkt trieb. Besonders stinkig war Timur Camci: "So steigen wir niemals auf. Wie kann man sich von so einer Mannschaft so abschlachten lassen", ereiferte sich der Sportliche Leiter. "Wenn die Mannschaft eine Spitzenmannschaft sein will, muss sie es in solchen Spielen zeigen. Nicht gegen Delbrück oder Schermbeck." Der Mann war richtig angefressen.
Intern wird auch Christoph Schlebach Tacheles reden. Es öffentlich zu tun, ist seine Sache nicht. "Ich kann den Jungs keinen Vorwurf machen. 65 Minuten haben wir gut gespielt", analysierte der Trainer.
Womit er nicht einmal Unrecht hatte. Vor allem in der ersten halben Stunde, als Dominik Behrend und André Badur zauberten, hatte Herne klare spielerische und auch Feldvorteile, die sich nur nicht in Toren auszahlten. Allein Martin Setzke hatte dreimal die Führung auf Fuß und Kopf. In der vierten Minute spitzelte er das Leder haarscharf am Pfosten vorbei, eine Minute später konnte er Badurs flache Hereingabe nicht verwerten, und auch als er mit dem Kopf vor Torwart Menningen am Ball war, erstarb den SCW-Fans der Torjubel auf den Lippen (22.). Auf der Gegenseite musste sich Oliver Bautz nur bei einem Nachtigall-Freistoß lang machen, aus dem Spiel heraus brachte Bonn wenig.
Kurz vor der Pause deckte der BSC erstmals Herner Abwehrschwächen auf, als Addai knapp das lange Eck verfehlte. Dennoch: Das 0:0 zur Pause schmeichelte den Platzherren, da waren sich auch die Beamten im Bonner Block einig.
Doch mit dem Anpfiff der zweiten Hälfte begann ein neues Spiel. Keine zwei Minuten waren vergangen, da bugsierte Atulahi eine Kopfballvorlage von Aydogmus über die Linie. Setzke staubte zwar fast postwendend zum 1:1 ab, doch damit hatte der SCW sein Pulver auch verschossen. Die Fehlpässe häuften sich, Herne verlor die Linie und schien den Punkt nur noch verwalten zu wollen. Die Bonner brauchten eine Zeit, bis sie spürten, dass vom Gegner nichts mehr kam. Und dann schlugen sie zu. Als zwei Herner Abwehrspieler prächtig schliefen und sich Dennis Gidaszewski dazu noch einen Stellungsfehler erlaubte, durfte Atulahi sich zum zweiten Mal feiern lassen.
Schlebachs Wiederbelebungsversuche mit Lewejohann als zweitem Stürmer und Mutluer als Passgeber blieben erfolglos, die Gäste erspielten sich keine Chance mehr. Stattdessen öffneten sie zweimal das Scheunentor für Adnaouene, die in der Höhe absolut unnötige Pleite war perfekt. Und nicht nur Camci werden bei den Bonner Gesängen die Ohren geklingelt haben.