Auch Engin Yavuzaslan nicht. Eine trügerische Annahme. Denn urplötzlich schlug das Schicksal mit voller Wucht zu. Der ehemalige Kapitän des VfB Hüls erlitt einen Schlaganfall - mit gerade einmal 30. „Ich rauche und trinke nicht, habe keinen Stress und trotzdem hat es mich erwischt“, sucht Yavuzaslan nach Gründen für den Tiefschlag: „Es ist jetzt fünf Wochen her und mir geht es den Umständen entsprechend wieder ganz gut.“
70 Prozent seiner linken Seite sind noch gelähmt Es war Freitag, der 20. Januar, der sein Leben veränderte. Der Tag, an dem die Bundesliga in die Rückrunde startete. Der ehemalige Bochumer hatte noch Urlaub und verbrachte seine Freizeit mit seiner 22 Monate alten Tochter Tanem auf dem Spielplatz. Abends wollte er seine Freunde zusammen trommeln und die Partie Mönchengladbach gegen Bayern im Fernsehen anschauen.
Alles lief auf einen schönen Fußballabend hinaus, doch als Yavuzaslan nach Hause kam, hatte er von einem Moment auf den anderen einen riesen Brummschädel, Übelkeit kam hinzu. „Ich hatte vorher noch nie Kopfschmerzen“, erzählt Yavuzaslan. „Sie wurden dann immer schlimmer. Ich habe deshalb meinen Kumpels abgesagt und mich hingelegt.“ Das Schlafzimmer wurde verdunkelt, weil er an einen Migräneanfall dachte. Doch es brachte nichts. Im Gegenteil: Die Schmerzen wurden immer größer. „Ich dachte, mein Kopf platzt.“
Dann der Schock: Als er sich im Bett umdrehen wollte, merkte Yavuzaslan, dass er seine linke Seite nicht mehr bewegen konnte. „Ich hatte das Gefühl, als ob 10.000 Armeisen auf mir herumlaufen würden. Ich habe mir links auf die Lippe gebissen und nichts gespürt. Dann habe ich es rechts versucht und hatte Schmerzen. Da wusste ich, dass es etwas Ernstes sein musste.“
Seine Frau Yeliz reagierte schnell und rief den Notarzt. Sofort wurde Yavuzaslan ins Krankenhaus gebracht. Die niederschmetternde Diagnose: Schlaganfall. Der Auslöser: Zwei Zysten im Gehirn. Die Geschwulste hemmten die Durchblutung, das Gehirn setzte aus. „Wäre ich 30 Minuten später behandelt worden, wäre ich jetzt ganzseitig gelähmt und das Sprachzentrum hätte auch Schaden genommen“, berichtet Yavuzaslan.
Doch er hatte Glück im Unglück. Zwar sind derzeit noch rund 70 Prozent seiner linken Körperseite gelähmt, doch in der Reha macht der sympathische Spieler erhebliche Fortschritte. Gut möglich, dass Yavuzaslan wieder so weit gesundet, dass er sein Leben ohne Einschränkungen führen kann.
Den ersten Schritt Richtung Normalität unternahm er bereits am vergangenen Sonntag. Der Fanliebling schaute sich den Restrundenauftakt seines VfB gegen Aachen II live am „Badeweiher“ an. Zwar benötigt er zum Laufen noch eine Gehhilfe, doch das stört ihn nicht.
Er kämpft, kämpft um seine Gesundheit, seine Familie, seine Zukunft. Den gläubigen Moslem interessiert auch die Frage nach dem Warum nicht mehr. „Ich schaue nicht zurück, sondern nehme den schwersten Kampf meines Leben an.“
Kraft gibt ihm seine Familie, die Freunde, die zur Seite stehen. „Wir werden Engin nicht hängen lassen“, verspricht VfB-Chef Horst Darstädter. „Engin bekommt jede Hilfe, die er braucht. Menschlich, sportlich und beruflich.“ An Fußball und den Job ist aber erst einmal nicht zu denken. Denn die beiden Zysten bereiten den Ärzten noch Sorgen. „Wenn sie wachsen, müssen sie entfernt werden“, erzählt Yavuzaslan. 15 Tabletten muss er täglich schlucken. Bei der regelmäßigen Kernspin-Untersuchung hofft er, dass keine Verschlimmerung eintritt.
Ehrgeiz zeichnete den Mittelfeldakteur auch schon als Spieler aus. Hart, aber meist fair, ging er zu Werke. In 162 Oberligaspielen kassierte er trotz seiner körperbetonten Spielweise nur 15 Gelbe, acht Ampelkarten sowie einen totalen Feldverweis. „Auf dem Platz war ich nie ein Pingel, habe meinen Gegenspielern sicherlich auch mal weh getan. Aber dass mir der Herr nun auf diese Weise die Gelbe Karte zeigt, hätte ich nie gedacht. Diese Krankheit wird die größte Schlacht meines Lebens, allerdings werde ich auch sie gewinnen.“
Der Traum: Noch in der Rückrunde zurück auf den Platz Denn Yavuzaslan hegt einen Traum. Noch in dieser Saison will er für den VfB wieder auf dem Platz stehen: „So möchte ich mich nicht aus dem Fußball verabschieden. Und wenn ich nur den Anstoß mache, ich komme zurück.“
Das gesamte RevierSport-Team drückt ihm dabei die Daumen und wünscht Engin Yavuzaslan die allerbeste Gesundheit!