„Aufgrund der letzten Berichte über die Hooligan-Problematik in Polen hatten wir natürlich ein mulmiges Gefühl“, gibt Bernd Faust, Mitglied des Herner Supporters Club, zu.
Die Besorgnis kam auch nicht von ungefähr. Denn immerhin wurde das Ekstraklasa-Match zwischen Polonia Bytom und Wisla Krakau von der polnischen Polizei als Hochsicherheitsspiel eingestuft und wurde vom Freitagabend auf den späten Sonntagnachmittag verlegt. Doch das mulmige Gefühl der Westfalia-Schlachtenbummler hielt sich in Grenzen und sie traten die Reise in Richtung Bytom (dt. Beuthen) an. „Wir wurden von dem Westfalia-Herne-Sponsor ABTEC aus Berlin eingeladen, ein Wochenende mit den Fans von Polonia Bytom zu verbringen“, erklärt Faust den Trip nach Polen. Und dieser sollte sich lohnen. „Nach dem wir am frühen Vormittag in Kattowitz gelandet sind, wurden wir mit zwei Taxen ins Hotel gefahren. Hier haben wir dann die polnische Gastfreundschaft in den größten Zügen erleben dürfen“, schwärmt Faust.
Bier aus Blumenvasen, Wodka aus Eimern
Die Fußballfans aus dem Ruhrgebiet wurden mit polnischen Köstlichkeiten versorgt und bekamen den Gerstensaft in „blumenvasenähnlichen Pötten“ serviert. „Das war absolut Klischeehaft. Neben uns haben drei Männer auf den 50. Geburtstag ihres Kollegen angestoßen. Die haben gelacht und gesungen bis zum geht nicht mehr, aber aufstehen konnten sie nicht mehr. Uns erging es ähnlich“, lacht der Herner Junge. Nach einem feucht-fröhlichen ersten Tag in Bytom wurde der Samstag zur Regeneration genutzt – bis zum Abend zumindest. Faust: „Wir haben uns im Fanshop von Polonia Bytom mit diversen Utensilien versorgt. Am Abend ging es dann mit eimerweise Wodka und den Fans der Polonia weiter.“
Capo Adolf zeigt hier eindrucksvoll, wer der Stärkste unter den Polonia-Fans ist (Foto: privat).
Nach zwei durchgefeierten Tagen waren die Westfalia-Supporters angeschlagen, doch das Spiel wollten sie sich nicht nehmen lassen. 4000 Zuschauer, davon knapp 1000 Gästefans fanden sich im maroden Stadion von Polonia Bytom ein. „Die Spielstätte ist mit unserem Schloss Strünkede vergleichbar. Doch die Atmosphäre ist für 4000 Leute unglaublich“, erinnert sich Faust und erzählt. „Der Capo, der in Bytom Adolf heißt, hat da alles unter Kontrolle, die peitschen ihr Team 90 Minuten lang nach vorne, ohne Unterbrechung. Ich kann nur sagen, dieser Adolf ist ein völlig verrückter Vogel, mit dem man unglaublich viel Spaß haben kann.“
Faust betont stets, dass es „friedlich ablief“ und die Herner keinerlei Aggressionen erkennen konnten. „Was die deutschen Medien manchmal zeigen, ist Polemik pur. Es ist nicht so, dass hinter der Grenze 100.000 polnische Hooligans auf uns warten werden. Das ist meistens sehr übertrieben dargestellt. Wir konnten uns ein Bild davon machen und freuen uns jetzt schon auf die EM 2012. Wir können uns nur für diesen geilen Trip bei Raimund Jeschonnek bedanken. Dieser Mann hat die Kraft der zwei Herzen - eines für Westfalia Herne und das andere für Polonia Bytom.“
Lesen Sie im RevierSport am Montag eine Doppelseite zu unserem Thema der Woche: Polen will mit Fußfesseln und einer Revolution im Sicherheitsbereich eine friedliche EM 2012 sichern.