Der Spielplan hatte es so gewollt: Ausgerechnet am letzten Spieltag trafen die beiden dominierenden Mannschaften der Bezirksliga Westfalen 12 im direkten Duell aufeinander. Ein echtes Herzschlagfinale, bei dem sich knapp 1.800 Zuschauer nur eine Frage stellten: Vestia Disteln oder der TSV Marl-Hüls? Wer schafft den Sprung in die Landesliga? Nichts für schwache Nerven.
„Ich muss zugeben, dass ich hypernervös war“, blickt Michael Klein auf den letzten Sonntag zurück. „Direkt beim Anpfiff habe ich aber gemerkt, dass die Mannschaft frei aufgespielt hat.“ Und spätestens in der 55. Minute dürfte das Herz des Sportlichen Leiters nicht mehr vor lauter Nervosität, sondern wegen der großen Freude geklopft haben. Da markierte nämlich Stefan Zepanski das 3:1. 120 Sekunden nach dem 2:1 durch Ercan Kacar war es die Entscheidung und der Auftakt zu einer großen Party.
Gesamt: 29 Spiele, 22 Siege, 3 Unentschieden, 4 Niederlagen, 76:27 Tore, 66 Punkte
Heim: 14 Spiele, 10 Siege, 2 Unentschieden, 2 Niederlagen, 43:9, 32 Punkte
Auswärts: 15 Spiele, 12 Siege, 1 Unentschieden, 2 Niederlagen, 33:18 Tore, 34 Punkte
Danach, dass der Verein diese feiern durfte, sah es lange Zeit nicht aus. Erst am vorletzten Spieltag eroberte die Mannschaft von Holger Flossbach die Tabellenführung. Zuvor blieb dem TSV nur die Rolle des Jägers. Große Belastung oder psychologischer Vorteil? „Das ist schwierig zu sagen. Wir wussten, dass wir auf einen Ausrutscher warten mussten. Deshalb hat unser Trainer in den Besprechungen immer wieder betont, dass wir da sein müssen, wenn Vestia strauchelt. Er hat es ihnen geradezu eingeimpft“, berichtet Klein. Dass die Distelner, die sich schon im Vorjahr auf den letzten Metern noch die Meisterschaft vom TuS Haltern abnehmen ließen, ihnen diesen Gefallen tun würden, wurde von Woche zu Woche unwahrscheinlich. Bis der BVH Dorsten kam und die Vestia mit 2:1 schlug. „Wir haben einen guten Draht zum BVH und uns mit ihnen gefreut“, erzählt Klein.
Trotz der nötigen Schützenhilfe, hat sich der TSV den Landesliga-Aufstieg selbst verdient. Mit einer sensationellen Rückrunde (40 Punkte, nur eine Niederlage) und dem richtigen Händchen bei den Wintereinkäufen. „Durch Ercan Kacar, Felix Sadlowski und Stefan Zepanski haben wir eine Bombenqualität dazubekommen. Unsere eh schon gute Truppe hatte damit noch drei weitere Stützen."
Wenn es um den entscheiden Faktor, das Erfolgsrezept geht, dann muss Klein nicht lange überlegen. „Es ist ein alter Spruch, aber er hat sich bewahrheitet: Im Angriff gewinnt man Spiele, in der Abwehr die Meisterschaft. Und wir hatten ein richtiges Bollwerk.“ Das bestand vornehmlich aus Torhüter Emanuel Schmid und dem Innenverteidiger-Duo Sebastian Flossbach/Zepanski. Nur 27 Gegentreffer ließ das Team zu, da nütze es Disteln nichts, dass sie 18 Treffer mehr erzielten als Marl-Hüls.
Der Jubel bricht los (Foto: TSV Marl-Hüls).
Mit dem Aufstieg in die Landesliga, wo der Klub bereits von 1998 bis 2002 spielte, ist der erste Schritt aus der fußballerischen Bedeutungslosigkeit gelungen. Das Ende der Fahnenstange soll er jedoch nicht markieren. „Mittel- oder kurzfristig wollen wir gerne in die Westfalenliga“, sagt Klein forsch. „Deswegen wollen wir uns in der Landesliga auf jeden Fall oben festsetzen. Dass wir das Potenzial dazu haben, wissen wir. Wir sind als Ganzes gut und haben individuelle Stärke.“ Das Selbstbewusstsein soll beim Deutschen Amateurmeister von 1954 jedoch nicht zur Überheblichkeit werden. „Man darf nicht vergessen, dass hier noch vor fünf Jahren sehr viel brach lag und es erst unter Lothar Gedenk wieder aufwärts ging. Nach der Westfalenliga geht es in den Halbprofi-Bereich. Das ist Zukunftsmusik für irgendwann.“
Sehr viel aktueller sind die Planungen für die neue Spielzeit, die der TSV aus Kostengründen am liebsten in der Staffel 3 verbringen würde. Die Kaderplanungen sind schon weit fortgeschritten. In Daniel Bergmannshoff (SF Stuckenbusch), Andre Simon (Spvgg. Erkenschwick), Marvin Gedenk (SuS Polsum), Marius Kortbuß (A-Jugend VfB Hüls), Christoph Sonntag und Thomas Fritzsche (beide eigene Jugend) stehen sechs Verstärkungen fest. „Wir suchen noch einen Stoßstürmer, weil wir gemerkt haben, dass wir einen solchen Typen aufgrund unserer Spielweise gut gebrauchen können.“