Als sich vor etwa zwei Wochen die gesamte zweite Mannschaft der Wittener entschied, sich prompt vom Verein abzumelden, stand TuRa Rüdinghausen vor einem riesengroßen Problem. 24 Spieler verließen den Klub, da die Verantwortlichen geplant hatten, Trainer Tim Rinkewitsch im Sommer zu entlassen. Diese Entscheidung stieß bei der Mannschaft auf, sagen wir, wenig Verständnis. Die Konsequenz: Trainer und Spieler meldeten sich kollektiv und umgehend ab. Einigermaßen verblüfft runzelte man beim Verein die Stirn und sah sich mit der Frage konfrontiert: Wie geht es jetzt weiter?
Eigentlich gibt es in so einem Fall keine wirkliche Alternative: Mannschaft zurückziehen, in der neuen Saison mit einem neuen Team wieder angreifen, Problem abgehakt. Bei Rüdinghausen wollte man aber den guten dritten Tabellenplatz nicht einfach kampflos aufgeben.
So kommt es jetzt, dass bei den Wittenern ein Hauch von Oliver Kahn, Paul Breitner und Lothar Matthäus über den Platz fegt. Zumindest, was das Alter angeht. Mit 47 Jahren ist der Altliga-Torwart Lars Seliger so alt wie der „Titan“ – und stellt sich wieder zwischen die Pfosten. „Unsere ganze Mannschaft besteht jetzt quasi aus Jugendtrainern, Vorstandsmitgliedern und Altliga-Spielern. Jeder, der noch irgendwo einen Spielerpass herumfliegen hat und alte Fußballschuhe besitzt, der spielt“, erklärt Seliger mit schallendem Lachen. Personell geht TuRa Rüdinghausen auf dem Zahnfleisch. Er selbst ist auch nur der Ersatz für den verletzten Ersatztorwart, der ursprünglich den ebenfalls verletzten Stammtorwart vertreten sollte. Seliger kommt aus dem Lachen nicht mehr raus: „So komme ich im zarten Alter von 47 Jahren nochmal zum Comeback in der Kreisliga C!“
Unser zweiter Vorsitzender ist unser neuer Spielmacher und Libero.
Lars Seliger
In der Folge stellt er einige Teammitglieder vor: „Unser zweiter Vorsitzender Heiko Böhmer ist unser neuer Spielmacher und Libero. Der ist noch ein Jungspund mit Mitte 30 – also muss er immer 90 Minuten ran, für ihn gibt es keine Alternative.“ Ein anderer Alt-Star mit hochklassiger Vergangenheit ist Frank Pascherath: „Frank ist Mitte 50 und hat irgendwann mal für zwei Minuten Oberliga gespielt, klar dass wir den gut gebrauchen können“, witzelt Seliger. Der Top-Star der zusammengewürfelten Truppe sei aber Leszek Szymanowski, seines Zeichens stellvertretender Altliga-Geschäftsführer bei Rüdinghausen und gleichzeitig ein echter Allrounder auf dem Platz. Der sage und schreibe 61-jährige Neuzugang hat letztes Wochenende gegen die SF Schnee II tatsächlich in der 86. Spielminute den Siegtreffer zum 2:1 in die Maschen geknallt – gefolgt von purer Ekstase auf dem Spielfeld. „Das war unbeschreiblich“, findet Seliger. Er fügt hinzu: „Allerdings musste er alle 15 Minuten Pause machen, wie viele andere auch. Wir sind nicht mehr die Jüngsten und müssen kräftig rotieren.“
Sonntag müssen die Rüdinghausener Veteranen gegen den Vorletzten – den SV Langendreer 04 III – antreten. Als dem Torwart auffällt, dass es insgesamt ja 28 Spieltage gibt, schmunzelt er: „Ja gut, dann müssen wir wohl noch elf Mal auflaufen.“