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Randfiguren des Fußballs: Martin Thiede
Sieben-Tage-Woche für den TuS Querenburg

Randfiguren des Fußballs: Martin Thiede
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Ihn zu Hause zu besuchen, ist fast unmöglich. Wer mit Martin Thiede ins Gespräch kommen möchte, sollte den Sportplatz am Hustadtring in Bochum-Querenburg ansteuern. Die Wahrscheinlichkeit ihn dort anzutreffen, ist groß.

Nicht fünf, nicht sechs, sondern sieben Tage in der Woche ist der Jugendleiter des TuS Querenburg für seinen Verein unterwegs.

Martin Thiede ist eine der treuen Seelen, ohne die im Amateurfußball nichts laufen würde. Die Mini-Kicker, E2- und E3- Jugend trainiert er selbst. Sonntags betreut er die zweite Mannschaft in der Kreisliga A. Und am einzigen trainingsfreien Tag vertritt er den TuS als Beisitzer in der Kreis-Jugend-Spruchkammer des Fußballkreises Bochum. Zusammen mit seinen langjährigen Weggefährten Ingo Malow und Norbert Strehl ist er am Wochenende oft der erste der morgens auf dem Platz, und abends der letzte, der die Anlage wieder verlässt. Ein Leben füllendes Programm.

Schon früh trat der heute 46-Jährige in die Fußstapfen seines vor zwei Jahren verstorbenen Vater Hubert. Der war jahrelang Jugendgeschäftsführer in Querenburg und meldete den kleinen Martin als neunjährigen Knirps im Verein an.

Das war 1972. Seitdem ist Martin Thiede fester Bestandteil des TuS. Und das trotz oder gerade wegen einer "schlechten Stadteilentwicklung", wie er selbst sagt. Bereits als A-Jugendlicher trainierte er die C-Jugend. Seit 1996 ist der Angestellte der Ruhr-Universität Bochum Jugendleiter im Klub. Geld gesehen hat er für seine Tätigkeit, bei der er zwar selten im Rampenlicht, aber dafür umso häufiger im Regen steht, in all den Jahren nicht. Doch das ist ihm auch nicht wichtig.

"Wir leben hier in einem sozialen Brennpunkt. Der Ausländeranteil in Querenburg ist hoch. Wir betreuen Kinder aus über 20 verschiedenen Nationen und leisten einen wichtigen Beitrag zur Integration und Verständigung zwischen den Kulturen in unserem Stadtteil", bezeichnet sich der zweifache Familienvater als "halben Sozialarbeiter".

Sein Lohn ist ein anderer. Einer, den man nicht bezahlen kann. "Wenn ich sehe, wie die Kinder und Jugendlichen sich sportlich, aber auch als Personen entwickeln, ist das für mich die schönste Bestätigung meiner Arbeit", sieht sich der Leiter der feinmechanischen Uni-Werkstatt nicht nur als sportlicher Förderer, sondern auch als Wegbegleiter in eine gesellschaftsfähige Zukunft.

Thiede, den so schnell nichts aus der Ruhe bringen kann, scheut aber auch vor unpopulären Maßnahmen nicht zurück. "Trotz unserer mitunter schwierigen Bevölkerungsstruktur haben wir vergleichsweise wenige Verhandlungen als Beschuldigte vor der Spruchkammer. Bei uns im Verein stehen das Miteinander und Fairplay an erster Stelle", ist ihm eine gewisse gesellschaftliche Entgleisung nicht verborgen geblieben. "Die Hemmschwelle zur Aggressivität hat abgenommen".

Deshalb wurde auch schon einmal ein gesamter A-Jugend Jahrgang vom Spielbetrieb abgemeldet. "Wer unserer Philosophie vom Sport nicht verstehen will, ist bei uns fehl am Platz. In dieser Mannschaft kam es immer wieder zu Schwierigkeiten und ein Lerneffekt wollte partout nicht eintreten", blieb Thiede konsequent.

Zwei Dinge machen dem Fußballverrückten zunehmend zu schaffen. "Es wird immer schwieriger, geeignete Betreuer für unsere Mannschaften zu finden. Die Bereitschaft, sich ehernamtlich zu engagieren, nimmt stetig ab", befürchtet der ewige Querenburger in Zukunft weitere Engpässe. "Aber was fast noch schlimmer ist, ist die motorische Entwicklung unserer Kinder. Viele schaffen es nicht mehr, von einer Seite auf die andere zu springen, oder rückwärts zu laufen", würden die Vereine immer mehr auch die Arbeit von Bewegungstherapeuten übernehmen.

Und das unter zumindest in Querenburg zunehmend schlechteren Arbeitsbedingungen. Der Aschenplatz am Waldstadion befindet sich, besonders nach Regenfällen, in einem erbärmlichen Zustand. "Ein Kunstrasenplatz würde vieles erleichtern", hofft Thiede auf eine Erneuerung des Belags.

Doch der scheint für einen der größten Vereine im Bochumer Süden weiterhin nicht in Sicht. Und so wird Thiede vorerst weiter sechs Mal in der Woche für seinen TuS Querenburg auf der roten Erde stehen. Unterstützung erhält er dabei nicht nur von seinen beiden, ebenfalls für den TuS spielenden Söhnen, sondern auch von seiner Frau. "Wenn sie nicht mitziehen würde, wäre ich schon längst geschieden", weiß Thiede, bei wem er sich bedanken muss.

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