Nicht erst seit Felix Magath. Aber der erste Sichtungstermin für eine Amateurauswahl findet ja eh nicht in der Veltins-Arena, sondern auf der Bezirkssportanlage „Oststraße“ in Gelsenkirchen-Erle statt.
Magath wird am 13. April wie immer an der Seitenlinie stehen. Vielleicht ist der S04-Coach an jenem Dienstagabend aber mal etwas milder zu seinen Schützlingen als sonst. Denn seine Mannschaft erwartet einen Gegner, der – das soll nicht despektierlich klingen – allenfalls Verbandsliga-Niveau hat.
Denn als Westfalenligist ist der SC Hassel klassenhöchster Klub im Kreis 12. Der umfasst gut 60 Fußballvereine aus Gelsenkirchen, Gladbeck und Kirchhellen. Das macht über 2000 Kicker im Seniorenbereich, Alte Herren nicht mitgerechnet. Aus dieser Armada will ein Mann eine schlagkräftige Truppe schmieden, die auch Kuranyi und Co einiges abverlangen soll: Volker Abramczik.
Das Trainerteam studiert die Kaderlisten (RS-Foto: red).
Der ehemalige Bundesliga-Stürmer hat die Aufgabe, diese Kreisauswahl beim Benefiz-Spiel gegen den aktuellen Tabellenzweiten der Eliteklasse zu betreuen. David gegen Goliath, ein paar Jahre Bezirksliga auf dem Buckel gegen mehr als 1.500 Spiele Bundesliga-Erfahrung.
Die Vereinstrainer haben schon eine Vorauswahl getroffen. 23, die eine Empfehlung bekommen haben, stellen sich beim ersten Sichtungstraining vor. Vorher, noch im Kabinentrakt, dürfen sich die Kicker das erste Mal ein bisschen wie die großen Stars fühlen. Der Fotograf der Lokalpresse macht Porträt-Aufnahmen, sogar Kameras laufen – fast wie in der „Mixed Zone“ am Samstagabend. Gleichzeitig haken Klaus Schmidtchen und Frank Frye, die den Initiator Abramczik unterstützen, die Kaderlisten ab. „Wer bist du? Vorname, Nachname? Verein?“ Als Trainer des Bezirksligisten SV Horst-Emscher 08 beziehungsweise des A-Liga-Klubs BV Rentfort kennen beide aber die meisten der Aspiranten.
Dann geht es endlich auf den Platz. Zwei Teams werden gebildet, gelbe und rote Leibchen verteilt. Frye pfeift an, jetzt gilt es bloß keinen Fehler zu machen! Aber genau diese nervöse Anspannung ist Schmidtchen ein Dorn im Auge: „Ihr könnt doch alle Fußball spielen. Riskiert ruhig mal etwas, wagt mal den Pass über 30 Meter“, lautet seine Ansprache in der Pause. Aber es gibt auch Lob: „Die Viererkette hat mir gut gefallen, das sah schon vernünftig aus.“ Dafür, dass keiner die Laufwege des anderen kennt, kommt ein recht ahnsehnliches Spielchen zustande.
Die Partie der S04-Profis gegen die Amateurauswahl am 13. April (Anstoß 18.30 Uhr)machte der Schalker Hauptsponsor möglich. Der Energieriese Gazprom hat mit dem Verein eine Vereinbarung über zwei Benefizspiele pro Saison.
Kartenbestellungen nimmt der Kreisgeschäftsführer Peter Schywek an. Die Preise: Stehplatz erm. 5 Euro Stehplatz normal 9 Euro Sitzplatz 20 Euro
Trotzdem wird es für das Trainer-Team anhand dieser Eindrücke nicht einfach sein auszusortieren – der ist dabei, der darf jedoch nicht mitspielen. Noch schwieriger ist es, den verschmähten Jungs die schlechte Nachricht, dass sie am großen Tag im „Stadion Lüttinghof“ nur Zuschauer sein werden, zu überbringen. „Das ist in der Tat nicht einfach“, weiß auch Abramczik, der diese unangenehme Aufgabe deshalb auch delegiert hat: „Dafür habe ich mir ja Frank und Klaus mit ins Boot geholt.“
Wer nicht in die Kreisauswahl berufen wird, sollte sich vielleicht das Motto der Veranstaltung ins Gedächtnis rufen: „Gemeinsam sind wir stark!“ Denn es geht nicht nur darum, „mit den Amateuren eine vernünftige Vorstellung abzuliefern“ (Abramczik), sondern auch den gebeutelten Klubs ein bisschen Geld in die Kasse zu spülen: Die nicht unerheblichen Eintrittsgelder werden komplett unter den Vereinen aufgeteilt.
Und noch ein Ziel verfolgen die Gelsenkirchener: In der Stadt des großen Schalker Rivalen fand im Herbst ein ähnliches Spiel statt. Kulisse beim Auftritt des BVB waren 1.900 Zuschauer. „Das können wir doch besser“, glaubt Kreisgeschäftsführer Peter Schywek.
Triefend trotten die Amateure nach der Einheit von dannen. Nass machen können sie die Profis wahrscheinlich nicht. Aber wie begossene Pudel wollen sie am 13. April auch nicht da stehen.