Kein Wunder: Durch den Absturz der ersten Mannschaft in die Sechstklassigkeit kommt der erstklassigen Nachwuchsabteilung umso mehr Bedeutung zu.„Es wird einen engen Austausch zwischen den Mannschaften geben“, kündigt Seniorentrainer André Pawlak jedenfalls schon einmal an. Und wie zum Beweis werden beide Teams drei Mal wöchentlich parallel trainieren. „Da könnten jederzeit ein, zwei Jugendspieler sofort den Platz wechseln“, betont Pawlak.
Er ahnt, dass dies einer der wenigen Punkte ist, mit denen die SGW hoffnungsvolle Talente an Land ziehen kann. Denn was die Finanzen an der Lohrheide angeht, müssen die Kicker fast noch Geld mitnehmen. Nach dem Tod des langjährigen Förderers Klaus Steilmann brach der Etat der Nachwuchsabteilung von knapp 200.000 Euro pro Jahr auf einen Betrag zwischen 80.000 und 90.000 Euro ein. Zum Vergleich: Die Nachwuchsabteilungen der Profiklubs arbeiten mit siebenstelligen Beträgen.
Die erste Folge für Wattenscheid: der teure Fahrdienst wurde abgeschafft. „Dadurch ist aber nicht ein einziger Spieler abgesprungen“, betont Trainer Christoph Klöpper nicht ohne Stolz. Dabei ahnt er, dass eine Wiederholung der Vorsaison mit der Rettung am vorletzten Spieltag keineswegs ein Selbstläufer wird – schon gar nicht, falls man aus dem ohnehin schon dünnen Kader auch noch Kicker nach oben abgeben müsste.
Daher setzen die Wattenscheider schon jetzt darauf, noch an die Reservisten der Konkurrenz zu kommen – und wenn es erst in der Winterpause so weit sein sollte. „Beim VfL Bochum wird es nicht 23 Stammspieler geben“, wagt Klöpper den Blick zum großen Nachbarn. Schließlich hat man schon einmal gute Erfahrungen mit einem Bochumer Ersatzmann gemacht: Diego Rodriguez-Diaz mauserte sich in der vergangenen Rückrunde bei der SGW zum Torjäger und Leistungsträger.
Er wird der U19 erhalten bleiben, im Gegensatz zu anderen Stammspielern. Das große Problem: Weil die SGW nicht über ein Nachwuchsleistungszentrum verfügt, darf der Verein erst mit den Altjahrgängen der A-Jugend Förderverträge abschließen. „Jedes Toptalent kann uns ablösefrei verlassen. Es gibt erst Geld, wenn der Spieler Profi wird“, klagt Klöpper.
Allein schon deshalb ist die Errichtung eines Nachwuchsleistungszentrums von existenzieller Bedeutung für den einstigen Bundesligisten. „Mit dem Etat von vor vier Jahren würden wir es schaffen“, bemerkt Klöpper. Doch momentan dürften die Kosten nicht zu stemmen sein. „Das ganze Drumherum ist teuer“, erklärt Peter Lange, der Sportliche Leiter der Schwarz-Weißen.
Vor allem die zwingend erforderliche Schulkooperation dürfte nicht finanzierbar sein. Zwar herrscht mit der evangelischen Gesamtschule Gelsenkirchen-Bismarck Einigkeit über eine Zusammenarbeit, allerdings müsste sich die SGW auch an den Kosten für die Lehrkräfte beteiligen.
Das ist nicht machbar, zumal mit der U19 noch nicht einmal das sportliche Aushängeschild über einen Trikotsponsor verfügt. Und das Risiko, sich beim DFB um die Anerkennung als Nachwuchsleistungszentrum zu bewerben, ohne alle Forderungen sicher zu erfüllen, mag Lange nicht eingehen: „Wenn es dann nicht klappt, müssten wir uns die nächsten zehn Jahre gar nicht erst mehr darum bemühen.“
Zumindest eines steht für den Funktionär in Bezug auf den Gesamtverein fest: „Sorglos, hilflos, ergebnislos – das wird es bei uns nicht mehr geben.“ Das dürfte ein entscheidender Punkt sein, um womöglich neue Geldquellen zu erschließen.