Karl-Heinz Rummenigge hat im Zusammenhang mit dem italienischen Manipulationsskandal zu einem Rundumschlag gegen die vermeintliche Mentalität des Landes ausgeholt. "Sehen Sie, ich habe drei Jahre in Italien gelebt und ein Wort gelernt, das sehr oft verwendet wurde: furbo. Furbo bedeutet clever sein, den anderen über den Tisch ziehen. Das spiegelt ein bisschen die Mentalität des Volkes wider. Es ist demnach normal, jemanden bei einem Geschäft zu linken", sagte der Vorstands-Chef von Rekordmeister Bayern München einem Interview mit dem Tagesspiegel.
Zugleich bezeichnete der 50-Jährige die juristische Vorgehensweise im italienischen Manipulationsskandal als "sehr seltsam. Erst haben die Gerichte ziemlich gnadenlos entschieden, jetzt wird es immer milder. Ich glaube, die Italiener unterschätzen die Außenwirkung und den Glaubwürdigkeitsverlust. Es sind offensichtlich Dinge passiert, die man als mafiös bezeichnen muss".
Erste Vorwürfe Rummenigges bereits in der Winterpause
Bereits in der Winterpause, als Juventus Turin um Rechtsverteidiger Willy Sagnol buhlte, hatte der Vorstands-Chef die Methoden des Klubs als "mafiös" bezeichnet. Es sei seit Jahren allgemein bekannt gewesen, "dass Juventus im großen Stil manipuliert", erklärte Rummenigge weiter.
In der Champions League und im UEFA-Cup sei es nach den Erkenntnissen der Europäischen Fußball-Union UEFA jedoch nicht zu Manipulationen durch italienische Vereine gekommen, erklärte Rummenigge weiter. Aber die G14, die Vereinigung europäischer Spitzenklubs, werde sich sicher noch mit dem Thema beschäftigen, "denn es kann nicht in ihrem Interesse sein, dass eines oder mehrere ihrer Mitglieder in diesem Skandal eine derartige Rolle gespielt hat", sagte er. Turin, Inter und der AC Mailand sind in der G14 vertreten, Juve und Milan waren in den Manipulationsskandal verwickelt.
Soldiarprinzip bewirkt mangelnde Konkurrenzfähigkeit
Zudem sieht der Bayern-Chef im Solidarprinzip der Bundesliga eine wesentliche Ursache für die mangelnde Konkurrenzfähigkeit der deutschen Topklubs mit den europäischen Spitzenvereinen. "Unser überall geltender Solidarismus in Deutschland, den ich durchaus für menschlich und sympathisch halte, hat dazu geführt, dass die Elite jedes Jahr schlechter geworden ist. Wir bekommen das Jahr für Jahr bei der TV-Vermarktung zu spüren, bei der die anderen großen europäischen Klubs ein Vielfaches von unseren Einnahmen einstreichen. Das ist unserem Solidarismus geschuldet", sagte Rummenigge.
Diese Entwicklung sei besonders gut im Profi-Fußball ablesbar, aber "das ist allgemeingültig", erklärte er weiter. "Solidarismus ist in. In der Politik, in der Bildung und in der Erziehung. Mit dem Ergebnis, dass die Elite darunter leidet. Es ist ja offensichtlich, dass wir fast überall nicht mehr Erste Liga spielen."