Nachdem Timo Hildebrand zuletzt an Position zwei gesetzt war, darf er sich am Samstag in Rostock gegen Georgien (20.00 Uhr/live im ZDF) die Torwarthandschuhe als Nummer eins im Kasten der deutschen Nationalmannschaft überstreifen. Bald könnte dem Keeper vom VfB Stuttgart aber die Rückstufung zur Nummer drei drohen. Trotz seines vierten Länderspiel-Einsatzes gegen Georgien darf sich Hildebrand seiner Position in der deutschen Nationalmannschaft nicht zu sicher sein. Bundestrainer Joachim Löw und Torwarttrainer Andreas Köpke haben knapp zwei Jahre vor der EURO 2008 den Konkurrenzkampf um die Plätze hinter dem gesetzten Jens Lehmann eröffnet und damit für neue Diskussionen um die Torhüter-Position gesorgt.
Zwar hat die Suche nach der Nummer zwei und drei bis zur EM-Endrunde in Österreich und der Schweiz nicht die Dimension des Zweikampfes zwischen Lehmann und dem inzwischen zurückgetretenen Oliver Kahn im Vorfeld der WM. Für Gesprächsstoff im Kreis der DFB-Auswahl sorgt sie vor dem Freundschaftsspiel am Samstag und dem EM-Qualifikationsspiel am kommenden Mittwoch (20.45 Uhr/live in der ARD) in Bratislava gegen die Slowakei aber allemal.
Gewollter Wettbewerb im Tor der DFB-Auswahl
"Bei den Torhütern gibt es einen Wettbewerb, den wir haben wollen. Es gibt noch keine definitive Entscheidung für die EM 2008, es ist noch nichts zementiert", machte Löw in den vergangenen Tagen wiederholt deutlich und erhöhte damit vor allem den Druck auf den Stuttgarter Hildebrand, der schon als neue Nummer eins für die Zeit nach der Ära Lehmann/Kahn gehandelt worden war.
Zwar bestreitet der 27 Jahre alte VfB-Keeper wie abgesprochen gegen Georgien sein 4. Länderspiel - zuletzt war Hildebrand 2005 beim Confed Cup gegen Argentinien im Einsatz -, doch schon jetzt sitzen ihm Robert Enke von Hannover 96, der Dortmunder Roman Weidenfeller und Tim Wiese von Werder Bremen im Nacken. Auch Nürnbergs Keeper Raphael Schäfer, der laut Köpke "sehr, sehr gut" hält, rückt immer stärker in den Blickpunkt.
Zum Spiel in Rostock hat Löw in Enke den ersten neuen Kandidaten eingeladen. Der 29-Jährige gehörte schon einmal 1999 beim Confed Cup Mexiko dem DFB-Kader an und findet es nun "sehr schön, dass ich wieder dabei bin". Die konstant guten Leistungen von Enke in der Bundesliga in den vergangenen Jahren hätten den Ausschlag für die Nominierung gegeben, erklärte der Bundestrainer, schickte dann aber gleich hinterher, dass sich auch Weidenfeller bald über eine Einladung freuen dürfe.
Torwart muss zur Philosophie passen
Löw und Köpke wollen dabei vor allem beobachten, wie sich Enke und Co. im Kreis der Nationalmannschaft bewegen, ob sie in die Mannschaft hineinpassen. Ansonsten werden auch künftig die normalen Kriterien angelegt. "Die Jungs müssen in erster Linie die Bälle halten", meinte Köpke schmunzelnd, um dann aber etwas präziser zu werden: "Das Anforderungsprofil hat sich nicht geändert. Wir suchen einen Torwart, der zu unserer Philosophie passt und mitspielt."
Dass es hinter Lehmann überhaupt wieder zu Diskussionen kommt, hat sich Hildebrand selbst zuzuschreiben. Beim VfB konnte er seit geraumer Zeit den hohen Ansprüchen nicht mehr gerecht werden und musste sich deshalb einige Kritik gefallen lassen. Dennoch hat er laut Köpke in der DFB-Auswahl derzeit die Nase "noch ein bisschen vorne". Hildebrand habe es "nun selbst in der Hand, seine Bewährungschance in Rostock zu nutzen".
Grundsätzlich sei es normal, führte der Bundestorwarttrainer weiter aus, "dass sich auch die Torhüter dem Leistungsprinzip unterwerfen müssen". Der Kreis der Kandidaten könne sich ständig erweitern, "es kann aber auch einer rausfallen".
Jens Lehmann (37) wird dies unter normalen Umständen nicht sein. Löw hatte dem Torwart von Arsenal London unmittelbar nach der WM eine Stammplatzgarantie bis zur EURO 2008 gegeben. Entsprechend muss Hildebrand am Mittwoch in der Slowakei seinen Platz im deutschen Tor auch wieder räumen.
Enke wird in Bratislava gar nicht mehr dabei sein. Sein Schnupperkurs im DFB-Team endet nach dem Georgien-Spiel. Nach dem Tod seiner zwei Jahre alten Tochter Lara vor knapp drei Wochen haben sich für den 29-Jährigen ohnehin die Prioritäten verschoben. Dennoch machte Enke am Donnerstag deutlich, dass es die richtige Entscheidung gewesen sein, schon wenige Tage nach dem schweren Schicksalsschlag wieder ins Training in Hannover einzusteigen. "Der Fußball hat geholfen, Ablenkung zu finden. Ich bin froh, dass ich das gemacht habe", sagte Enke.
Gleichzeitig nutzte er bei der Pressekonferenz am Donnerstag in Berlin "auch im Namen meiner Frau" die Gelegenheit, "um den unglaublich vielen Leuten, die uns ihr Mitgefühl ausgedrückt haben, auf diesem Weg meinen Dank auszusprechen. Das hat uns sehr gefreut und hat uns auch ein Stück geholfen."