Ausgerechnet einer der gar nicht dabei ist, darf sich schon jetzt als großer Verlierer der Asien-Reise der deutschen Nationalmannschaft fühlen. Während der WM-Kader von Bundestrainer Jürgen Klinsmann mit Oliver Kahn im Tor langsam an Konturen gewinnt, schmort Keeper Jens Lehmann bei seinem Klub Arsenal London weiter auf der Bank. Mehr noch: "Gunners"-Coach Arsene Wenger erteilte dem 35-Jährigen sogar die Freigabe für einen Wechsel.
"Er kann gehen, wenn er will. Ich werde ihm keine Steine in den Weg legen", sagte Wenger im Daily Mirror sowie in einem Interview mit dem Fernsehsender Sky Sports, "aber wichtig ist für mich weiterhin die Leistung auf dem Platz und wie man sich verhält. Ich erwarte von jedem eine professionelle Einstellung, und Jens zeigt, dass er entsprechend reagiert. Er ist ein absoluter Top-Profi."
Lobende Worte, für die sich Lehmann, der für die Asien-Reise wegen der Verpflichtungen mit Arsenal in der Premier League absprachegemäß nicht nominiert worden war, jedoch nichts kaufen kann. Denn im fernen Japan und Südkorea kann sein Erzrivale Kahn von Bayern München im DFB-Gehäuse ohne ernsthafte Konkurrenz punkten. "Oliver Kahn ist die Nummer eins, das hat er bei dieser Reise untermauert und Jens Lehmann weiterhin der Herausforderer", sagte Klinsmann nach dem 1:3 in Südkorea. Worte, die Lehmann in der momentanen Situation hart treffen werden. Und sollte der Franzose Wenger bei Arsenal weiterhin auf den Spanier Manuel Almunia setzen, rückt auch das schlagzeilenträchtige Duell mit Kahn im Achtelfinale der Champions League in weite Ferne.
Wenger: "Wir bekommen zu viele Gegentore"
"Ich habe nicht von ungefähr den Torhüter gewechselt. Ich hatte das Gefühl, dass Lehmann eine Auffrischung brauchte. Wir bekommen außerdem zu viele Gegentore. 22 haben wir schon kassiert, davon 11 durch Standardsituation - das ist zuviel. Zum Glück haben wir schon 44 geschossen", erklärt Wenger bereits vor dem Spiel am Sonnatg beim FC Portsmouth.
In den englischen Medien reagierte der Coach auch auf die Ankündigung von Klinsmann, mit ihm für ein klärendes Gespräch in Kontakt treten zu wollen. "Jürgen Klinsmann wird nicht beeinflussen, wer bei Arsenal im Tor steht. Ich bin für meine Mannschaft verantwortlich und kann mir keine Gedanken darüber machen, was das Beste für Deutschland ist", sagte Wenger. "Weil Jens nicht für Arsenal spielt, muss es nicht heißen, dass er nicht bei der WM 2006 im deutschen Tor steht."
Bundestrainer Klinsmann von Entwicklung überrascht
Klinsmann und auch Bundestorwart-Trainer Andreas Köpke zeigen sich jedoch wegen der Entwicklungen in London überrascht. Immerhin war Lehmann wesentlich an der Rekord-Serie der "Gunners" mit 49 Ligaspielen ohne Niederlage und der Meisterschaft am Ende der vergangenen Saison beteiligt. "Da muss doch was vorgefallen sein zwischen Lehmann und Wenger. Denn Jens hat sich seit Wochen keinen Patzer erlaubt. Sollte es wirklich stimmen, dass Arsenal bereits einen Nachfolger sucht, muss sich Jens über einen Vereinswechel Gedanken machen", sagte Köpke in der Bild am Sonntag.
Doch Lehmann gibt sich kämpferisch. Bereits in der vergangenen Woche hatte sich der einstige Bundesliga-Torhüter von Schalke 04 und Borussia Dortmund zu seiner Zukunft geäußert: "Ich sage nur soviel: Ich lebe und bin gern in London. Eigentlich mache ich mir dazu noch keine Gedanken. Ich wusste von Anfang an, dass man bei einem großen Klub auch mal auf die Bank muss. Aber überrascht war ich schon. Ich gehe davon aus, im Moment nicht zu spielen. Mit dieser Entscheidung muss ich leben."
Given als Lehmann-Nachfolger im Gespräch
In London jedoch wird bereits spekuliert, angeblich sollen die Verantwortlichen von Arsenal ihre Fühler bereits nach dem irischen Nationaltorhüter Shay Given von Newcastle United ausgestreckt haben. Sollte der 28-Jährige für die neue Saison verpflichtet werden, dürften die Tage von Lehmann in der englischen Hauptstadt gezählt sein - und vielleicht auch schon die im Nationalteam.