Im sechsten Spiel unter seiner Regie hat Jürgen Klinsmann eine neue Erfahrung machen müssen: Nach vier Siegen und einem Unentschieden verlor die deutsche Nationalmannschaft die erste Partie unter dem neuen Bundestrainer. In einer Neuauflage des WM-Halbfinales von 2002 unterlag die deutsche Auswahl Gastgeber Südkorea in der Hafenstadt Busan mit 1:3 (1:1). Im Gegensatz zum 3:0 drei Tage zuvor gegen Japan wirkten die "Klinsmänner" in der zweiten Partie ihrer Asien-Reise müde und bekamen von den wieselflinken und überraschend hart einsteigenden Asiaten oft nur die Hacken zu sehen.
Mehr als den zwischenzeitlichen Ausgleich durch Michael Ballack, der in seinem 50. Länderspiel seinen 22. Treffer erzielte (24.), brachte der erneut geistig willige, diesmal aber körperlich schwache Vize-Weltmeister nicht zu Stande - und zu allem überfluss verschoss ausgerechnet Ballack in der 85. Minute auch noch einen Handelfmeter. Für die quirligen Südkoreaner, vor zweieinhalb Jahren durch einen Treffer von Ballack am Einzug ins WM-Finale gehindert (0:1), trafen Dong Jin Kim (13.), der einst bei Werder Bremen beschäftigte Dong Gook Lee (72.) und Jae Jin Cho (87.).
Vom Tempo überrascht
"Wir waren vom Tempo und von der Zweikampfhärte überrascht", räumte Assistenz-Trainer Joachim Löw ein. Mit schnellen Angriffen über die Flügel setzten die tatsächlich überaus robust einsteigenden Asiaten die deutsche Abwehr mit Arne Friedrich als Innenverteidiger neben Christian Wörns sowie den beiden Stuttgartern Andreas Hinkel und Philipp Lahm unter Druck. Besonders die Außenverteidiger Lahm und Hinkel, die erst am Freitag aus Stuttgart kommend in Busan eingetroffen waren, schienen alles andere als körperlich frisch und geistig wach zu sein. Hinkel wurde weitere Pein in der zweiten Halbzeit erspart, für ihn schickte Klinsmann den Bielefelder Patrick Owomoyela aufs Feld.
Schneller als die Deutschen schalteten die Asiaten auch in der 13. Minute, als Ballack einen ungenauen Pass verlor, Wörns den einst bei Werder Bremen engagierten Stürmer Dong Gook Lee nicht am Flanken hindern konnte und Dong Jin Kim die unglückliche Kopfball-Abwehr von Friedrich von der Strafraumgrenze aus ins Tor jagte (13.). Oliver Kahn war chancenlos. Am Dienstag in Bangkok gegen Thailand, wo den DFB-Tross ein Klimawechsel von 5 auf 32 Grad Celsius erwartet, wird Timo Hildebrand zu seinem zweiten Einsatz im Nationalteam kommen.
Der zweite Rückstand unter Klinsmann nach dem Spiel gegen Rekordweltmeister Brasilien (1:1) kam einem Weckruf für die deutsche Mannschaft gleich, die "Klinsmänner" benötigten allerdings nach dem mühevollem Beginn bezeichnenderweise eine Standardsituation, um die vielbeinige Abwehr der Südkoreaner zu überwinden: Ballack traf per Freistoß (24.). Torhüter Woon Jae Lee, neben Du Ri Cha der einzige Spieler, der schon im WM-Halbfinale 2002 gegen Deuschland gestanden hatte, sah dabei nicht gut aus - seine Mauer war schlecht gestellt.
DFB-Team vergab seine Möglichkeiten
In der Folge mussten sich der Vize-Weltmeister einmal mehr auf ein Geduldsspiel einlassen, besaß aber gegen das asiatische Bollwerk durchaus Möglichkeiten, nach dem Ausgleich schnell selbst in Führung zu gehen: durch Miroslav Klose (26.), den zweifachen Torschützen gegen Japan, und Bastian Schweinsteiger mit einem von Jin Kyi Kim an den Pfosten abgefälschten Freistoß (30.). Schiedsrichter Sudkhiddin Mohd Salleh (Malaysia) versagte der deutschen Elf zudem einen Strafstoß, als Ballack im Strafraum von Sang Sik Kim umgerissen wurde (32.).
Wie schon gegen Japan, als alle drei Treffer in der zweiten Halbzeit fielen, versuchte die deutsche Mannschaft nach der Pause erneut, ein höheres Tempo zu gehen. Die flinken Südkoreaner verteidigten vielbeinig und geschickt und waren durch ihre überfallartig vorgetragenen Konter stets gefährlich. Nachdem Ballack seinen ersten Foulelfmeter in Diensten der Nationalmannschaft verschossen hatte, nutze der eingewechselte Jae Jin Cho praktisch im Gegenzug einen schnellen Gegenstoß zum 3:1.