Lothar Matthäus hat ganz offensichtlich noch nicht verkraftet, bei der Suche nach dem neuen Teamchef für die deutsche Nationalmannschaft außen vor geblieben zu sein. Der Rekordnationalspieler hat nach der Entscheidung für Jürgen Klinsmann Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) scharf attackiert. Außerdem stellte der ungarische Nationaltrainer in seiner Sport-Bild-Kolumne die Vorstellungen des designierten DFB-Teamchefs nachdrücklich in Frage.
"Vielleicht sind faule Kompromisse geschlossen worden. Mayer-Vorfelder schien einerseits von Theo Zwanziger und den Landesverbänden entmachtet. Andererseits bringt er seine Leute, die er aus Stuttgart kennt, ins Spiel und kann sie durchsetzen. Mayer-Vorfelders Interesse liegt darin, was bei Politikern üblich ist: die eigene Position zu stärken. Und die hat er mit Klinsmann besser stärken können als mit mir", schrieb Matthäus.
"Vor allem ein Herr hat seine Macht voll gegen mich ausgespielt"
Für Matthäus war "MV" die treibende Kraft gegen seine Person als Bundestrainer: "Vor allem ein Herr hat seine Macht, die er immer noch hat, voll gegen mich ausgespielt. Ich wusste, dass ich bei dieser Trainerfindungskommission keine Chance hatte. Leute, die früher in meiner Zeit bei jedem Foto neben mir standen, haben plötzlich negativ über mich geredet."
Skeptisch betrachtet der 43-Jährige zudem die Ankündigung von Klinsmann, bis zu Beginn der WM 2006 nicht jedes Wochenende von seinem Wohnort in Kalifornien nach Deutschland zu kommen. "Ich sehe das als Nachteil an. Zweifel dürfen angebracht sein. Als Trainer der ungarischen Nationalmannschaft lebe ich in diesem Land, schaue mir jede Woche zwei, drei Spiele an. Weil ich glaube, dass mir ein zweiter Trainer oder Manager nie alles sagen kann", kritisierte der Kapitän des deutschen Weltmeister-Teams von 1990.
"Ein Amerikaner denkt doch ganz anders als ein Deutscher"
Auch die "amerikanischen Ideen", die Klinsmann beim DFB einbringen will, sind nach Ansicht von Matthäus nicht auf Deutschland übertragbar: "Ein Amerikaner denkt doch ganz anders als ein Deutscher. Ich sage: Man darf seine Wurzeln nicht verlieren. Ich glaube, wenn man den Fußball zur Professoren-Arbeit macht, verliert man diese Wurzeln."
Den von Klinsmann entwickelte Zehn-Jahres-Plan hält der frühere "Weltfußballer" für einen Schutzschild für den Fall von Misserfolgen: "Klinsmann sucht schon eine Ausrede. Wenn man von zehn Jahren redet, kann man nach einer Pleite im Jahr 2006 locker sagen: Ich habe es doch gleich gesagt, dass es nicht so schnell geht."