Nach dem 1:1-Unentschieden beim EM-Qualifikationsspiel zwischen Schottland und Deutschland gab es erneut Kritik an der Leistung der DFB-Elf. In einem Gespräch mit dem sid äußert sich der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) Gerhard Mayer-Vorfelder zum Spiel gegen die Schotten und den künftigen Zielen der Nationalmannschaft.
sid: "Wie lautet knapp ein Jahr nach dem WM-Finale gegen Brasilien ihr Fazit in Bezug auf die deutsche Nationalmannschaft?"
Gerhard Mayer-Vorfelder: "Das Jahr nach der WM, die für uns ein großer Erfolg war, sehe ich als durchwachsen an. Es gab gute Spiele unserer Mannschaft und weniger gute. Zu den guten zählt das Spiel gegen die Niederlande, zu den weniger guten das Spiel gegen Schottland. Nun erwartete ich, dass die Mannschaft im letzten Saisonspiel auf den Färöern Wiedergutmachung betreibt. Es war uns aber allen klar, dass es nach der Vize-Weltmeisterschaft in Südkorea und Japan kein einfaches Jahr wird."
sid: "Was hat Sie denn am vergangenen Samstag beim 1:1 in Schottland besonders enttäuscht, was muss sich gegen die Färöer ändern?"
Mayer-Vorfelder: "Gegen die Schotten sind vor allem Leistungsträger wie Michael Ballack, Bernd Schneider und Miroslav Klose weit unter ihrer Normalform geblieben. Da muss man einfach mehr erwarten, auch wenn die Spieler natürlich keine Maschinen und somit Leistungsschwankungen unterworfen sind. Insgesamt haben sie aber auch viel zu wenig getan. Erst nach dem 1:1 sind wir wieder aufgewacht. Normalerweise muss man in solchen Spielen alles geben, darauf weist auch Rudi Völler immer wieder hin. Ich bin aber zuversichtlich, dass die Mannschaft aus ihren Fehlern gelernt hat und gegen die Färöer ganz anders auftreten wird, um die Tabellenführung zu verteidigen."
sid: "Bislang lediglich vier Siege, vier Unentschieden und zwei Niederlagen nach der WM - Muss die deutsche Mannschaft nicht aufpassen, dass sie die bei der WM gewonnenen Sympathien nicht fahrlässig verspielt?"
Mayer-Vorfelder: "Sicherlich muss die Mannschaft in jedem Länderspiel darum bemüht sein, gute Leistungen zu bringen, möglichst zu gewinnen und ihre Fans zufriedenzustellen. Schließlich haben wir bei den Heimspielen die Stadien voll, begleiten uns zudem sehr viele Anhänger zu den Auswärtsspielen und Millionen von Fans fiebern am Fernseher mit. Da hat unsere Mannschaft eine große Verpflichtung. Aber im Fußball kann man nicht immer alles erklären, sonst wüsste man ja genau, wie man die Fehler abstellt. Gerade gegen die Schotten haben wir gesehen, dass Rudi Völler und Michael Skibbe noch jede Menge Arbeit vor sich haben."
sid: "Aber gerade hinsichtlich der WM 2006 in Deutschland muss ihnen doch daran gelegen sein, dass die Nationalmannschaft positiv in den Schlagzeilen steht..."
Mayer-Vorfelder: "Ich schaue noch nicht auf die WM 2006, mir wird im Moment überhaupt zu viel über die nächste Weltmeisterschaft geredet. Ich denke derzeit nur an die EM-Qualifikation und die Euro 2004 in Portugal, denn die ist unser erstes Ziel. Dort müssen wir uns dann mit einer Vielzahl europäischer Mannschaften messen. Und ich bin sicher, dass wir uns für die EM qualifizieren werden und dort eine gute Rolle spielen. Gerade deutsche Mannschaften haben es immer wieder geschafft, pünktlich zu großen Turnieren in eine sehr gute Form zu kommen."
sid: "Wie lautet denn ihre Zielsetzung für die nächste Saison?"
Mayer-Vorfelder: "Zunächst einmal die EM-Qualifikation und dann eine gute Leistung in der Endrunde. Dort muss unser Ziel das Halbfinale sein, alles andere ist dann Glückssache. Bis dahin müssen und werden Rudi Völler und Michael Skibbe einen engeren Kern der Mannschaft noch genau festlegen."
sid: "Was stimmt Sie denn so zuversichtlich?"
Mayer-Vorfelder: "Mich stimmt optimistisch, dass es junge Spieler gibt, die einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht haben. Damit meine ich insbesondere Arne Friedrich und Paul Freier, die sicherlich schon sehr nah an der Mannschaft dran sind."
sid: "Was hat sie in der fast abgelaufenen Saison besonders gefreut?"
Mayer-Vorfelder: "Mich hat gefreut, dass Völler und Skibbe den nach der WM erforderlichen Umbruch in der Nationalmannschaft konsequent fortgesetzt haben. Seit Beginn der Ära Völler/Skibbe haben insgesamt 22 Neulinge ihre Chance bekommen, wovon manche schon fest zum Stamm gehören wie Metzelder, Frings, Klose oder auch Rau.
sid: "Über was haben Sie sich in dieser Saison am meisten geärgert?"
Mayer-Vorfelder: "Das war das Spiel gegen Schottland. Denn mit zwei Siegen auf dieser Reise hätten wir uns von den Mitkonkurrenten absetzen können. Aber bei aller Kritik muss man feststellen, dass wir in unserer Gruppe immer noch an erster Stelle stehen. Und diesen Tabellenplatz müssen wir gegen die Färöer erfolgreich verteidigen."