Die einzige Konstante bei Borussia Dortmund in einem tristen Herbst bleibt die Inkonstanz. Auf überzeugende Erfolge im eigenen Stadion folgten zuhauf unerklärliche Leistungen in der Fremde, das Heimspiel gegen den SC Freiburg kommt vor der brisanten Mitgliederversammlung also wie gerufen. Oder nicht? Mit einem Sieg könnte der BVB die Fanseele zwar vorübergehend etwas beruhigen, dennoch droht gleich am Sonntag aufgrund des umstrittenen Rheinmetall-Deals neuer Ärger.
Die Bosse um Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke müssen sich wohl auf scharfe Kritik der Mitglieder einstellen. Denn auch ein halbes Jahr nach der Bekanntgabe bewegt das Sponsoring durch den Rüstungskonzern die BVB-Fans noch immer - und der Widerstand ist ungebrochen. Es brodelt bei den Westfalen: Der bereits viel kritisierte Deal bleibt neben den sportlichen Leistungsschwankungen eine der größten Baustellen des Klubs in diesen Wochen.
Bei der mit Spannung erwarteten Versammlung am Sonntag wird es daher unter anderem einen Antrag eines Mitglieds geben, der auf die schnellstmögliche Beendigung der Partnerschaft abzielt. Selbst bei einer Zustimmung wäre dieser zwar nicht rechtlich bindend, doch man hoffe, wird darin betont, dass sich die Bosse vom Votum der Mitgliederversammlung „leiten lassen“.
Es sei „nicht die Aufgabe eines Fußballvereins, um gesellschaftliche Akzeptanz für einen Rüstungskonzern zu werben“, heißt es in der Begründung. Für viele BVB-Anhänger stelle dies „ihr Selbstverständnis als Mitglied von Borussia Dortmund in Frage“. Und: „Ein solches Sportswashing ist mit dem Grundwertekodex unseres Vereins nicht zu vereinbaren.“ Geplant sind zudem Protestaktionen rund um die Westfalenhalle.
Der Rüstungsdeal ist allerdings nicht das einzige Thema, das dieser Tage für Unruhe beim BVB sorgt - und das Fragen aufwirft, die Watzke und der neue Boss Lars Ricken beantworten müssen. Wie ist etwa der Stand bei Sportdirektor Sebastian Kehl, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft? Und natürlich: Wie bekommt die Mannschaft von Trainer Nuri Sahin dauerhaft ihr Potenzial auf den Platz?
Dass der eingeschlagene Weg auch ohne große Wintertransfers mit dem neuen Coach fortgesetzt werden soll, bekräftigten die Bosse in der Länderspielpause laut Bild-Zeitung in einer „Elefantenrunde“. Zumal das Team „schon einige Male“ gezeigt habe, „in welche Richtung es gehen kann, wenn wir Konstanz drin haben“, wie Sahin in der BVB-Sendung Brinkhoff's Ballgeflüster betonte.
Aber auch er muss nach dem jüngsten Rückschlag in Mainz (1:3) zeitnah die Frage beantworten, warum den Dortmundern in dieser Bundesliga-Saison noch kein Auswärtssieg gelungen ist. „Ich würde sagen, ich habe die Antwort, aber die habe ich nicht“, sagte Sahin, für den sich immerhin die Personallage etwas entspannt hat. Er ergänzte jedoch lapidar: „Weil wir scheiße spielen auswärts.“
Wie der Trainer und sein Team bei der Mitgliederversammlung von den Fans empfangen werden, dürfte unbeeinflusst vom Rheinmetall-Ärger auch von der Partie am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen Freiburg abhängen. Wie gut, dass es ein Heimspiel ist.