Das Jahnstadion in Wiedenbrück hat Alexander Baumjohann erst vor einigen Wochen kennengelernt. In der Regionalliga West kickte er dort mit der Reserve von Schalke 04 vor 640 Zuschauern - suspendiert, frustriert, desillusioniert. "Die letzten Monate waren eine schwere Zeit für mich", erinnerte sich der Mittelfeldspieler. Am Dienstag bewies er in einem der größten Fußball-Tempel Europas, dass er zu Höherem berufen ist.
"Ich bin noch nicht wieder bei 100 Prozent", sagte der 24-Jährige nach dem sensationellen 5:2 (2:2)-Triumph im Viertelfinale der Champions League beim Titelverteidiger Inter Mailand, "es geht noch besser." Daran hatte sein Ex-Trainer Felix Magath nicht mehr geglaubt, als er ihn im vergangenen November in die zweite Mannschaft verbannte - zusammen mit Außenverteidiger Hans Sarpei, der im Giuseppe-Meazza-Stadion ebenfalls internationale Klasse zeigte.
"Ich will nicht gegen Magath nachtreten", sagte Baumjohann, "aber unter ihm hatte ich in diesem Verein keine Perspektive mehr." Nach der 0:5-Pleite beim 1. FC Kaiserslautern war das Schalker Eigengewächs als einer der Sündenböcke in die vierte Liga verbannt worden - nach 50 Bundesligaspielen. Der neue Trainer Ralf Rangnick holte den begnadeten Mittelfeld-Techniker ganz schnell wieder zurück. "Er hat viel mit mir gesprochen und mich wieder aufgebaut", berichtete Baumjohann.
Mit Erfolg: Die Streicheleinheiten taten dem "ewigen Talent" gut, schon beim 2:0 am vergangenen Freitag beim FC St. Pauli spielte er stark, in Mailand zeigte er seine mit Abstand beste Leistung im Schalker Trikot. "Er ist ein Klassefußballer", sagte Rangnick, der den ehemaligen U21-Nationalspieler schon aus seiner ersten Schalker Amtszeit kannte: "Damals ist er vielleicht einen Tick zu früh als das Riesentalent gesehen worden. Für mich war es logisch, dass er wieder mitmachen muss. Er hat es nicht verlernt."
Mit der eindrucksvollen Vorstellung in Mailand war auch das alte Selbstbewusstsein wieder da. "Mein Anspruch ist es, Champions League zu spielen. Deshalb bin ich ja auch zu den Bayern gegangen", sagte Baumjohann. Aus München, wo er grandios scheiterte, holte ihn ausgerechnet Magath nach Schalke zurück. Doch dann fehlte dem Trainer und Manager die Geduld mit dem hin und wieder zur Selbstüberschätzung neigenden Spieler.
Begleitet wurde Baumjohann auf seinem Weg von den Profis zu den Amateuren und zurück von Sarpei. Der ghanaische WM-Teilnehmer, ebenfalls von Magath selbst geholt, fand sich auch im November in der Regionalliga wieder. Seinen Humor hatte der 34-Jährige dennoch nicht verloren. "Hier stehen zwei Amateurspieler", sagte Sarpei nach dem Triumph in San Siro - mit schönem Gruß an Felix Magath.