Anlässlich des Saisonauftakts haben wir uns mit S04-Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers, selbst ehemalige Bundesligaspielerin der SG Hillen, und Frauen-Abteilungsleiter Boris Liebing über die Ziele der erst vor vier Jahren gegründeten S04-Damen unterhalten. Ein Gespräch in drei Teilen. Hier kommt Teil 2.
Frau Rühl Hamers, am Ende von Teil eins des Interviews ging es darum, dass bei Union Berlins Frauen das Profitum eingeführt wird. Um auf diesem Weg mitzuhalten, wird auch Schalke auf jeden Fall mehr Geld in die Hand nehmen müssen. Wie passt das zur notwendigen Verschlankung des Klubs und den notwendigen Sparmaßnahmen in vielen Bereichen?
Rühl-Hamers: Wir stellen uns die Fragen: Wofür geben wir eigentlich unser Geld aus? Was ist unser Kernprodukt und was zahlt auf das Kerngeschäft ein? Und was können wir entweder ganz oder temporär zur Seite schieben? Deshalb haben wir die Anzahl der Themen angepasst. Wenn wir früher zehn Dinge gemacht haben, konzentrieren wir uns heute vielleicht noch auf drei und lassen sieben weg. Es geht dabei um Priorisierung und Fokussierung. Wenn uns als FC Schalke 04 ein Thema wichtig ist und wir eine gesellschaftliche Bedeutung und das Potenzial im Fußball der Frauen sehen, ist das eine strategische Entscheidung, dass wir in diesen Bereich investieren. Und investieren kann man nicht nur Geld, sondern auch Ressourcen, um den Fußball der Frauen auf Schalke weiter voranzutreiben.
Wie ist es aktuell?
Rühl-Hamers: Wir versuchen das so auszubalancieren, dass das gut in unsere bestehenden Strukturen, in das Kostensenkungsprogramm und in unsere Strategie passt. Wir überlegen uns bewusst, wofür wir das Geld ausgeben. Es wird der Punkt kommen, an dem wir schauen müssen, wieviel mehr wir investieren müssen, um den nächsten Entwicklungsschritt machen zu können. Das hat die Abteilung Fußball der Frauen mir auch schon signalisiert. Dann werden wir uns ganz genau anschauen, wo wir insgesamt stehen, wo der Verein steht und wie gerade die Situation ist, um zu entscheiden, wie wir und mit welchen finanziellen Mitteln wir weitermachen.
Boris Liebing: Wenn es irgendwann weiter nach oben gehen sollte, reden wir vielleicht auch über Gehälter. Derzeit bezieht keine Spielerin bei uns ein Gehalt. Bei den Trainern ist es anders. Und das ist für alle Beteiligten auch okay so.
Wie überzeugen Sie Spieler vom S04?
Rühl-Hamers: Wir lösen das Thema Fußball der Frauen aktuell nicht über Geld, sondern wir versuchen unsere Strukturen so optimal zu nutzen, dass die Frauen davon profitieren können. Wir als Profiklub haben die Infrastruktur und die Kompetenz. Jetzt geht es darum zu schauen, wie ein Bereich, der sich noch in der Entwicklung befindet, davon bestmöglich profitieren kann. Natürlich fallen dabei auch Kosten an, aber die sind überschaubar. Und natürlich generieren wir damit auch Einnahmen. Wir merken auch, dass Sponsoren im Bereich der Frauen immer mehr Interesse entwickeln. Wir haben mit kununu einen tollen Sponsor. Wir merken, wie die Gespräche jedes Jahr intensiver werden.
Was steht derzeit im Vordergrund?
Rühl-Hamers: Fußball der Frauen auf Schalke ist aktuell noch Breitensport pur. Die Leidenschaft, die Begeisterung für den Sport, steht absolut im Vordergrund. Aber sobald wir aus der Westfalenliga in die Regionalliga aufsteigen sollten, wird das wahrscheinlich schwieriger werden. Sowohl vom Sportlichen als auch von der Erwartungshaltung, die die Spielerinnen dann auch haben dürfen. Die Einnahmen werden höher sein, das müssen wir dann gut austarieren.
Wird der S04 mit der Frauen-Abteilung irgendwann sogar Geld verdienen können?
Rühl-Hamers: Wir werden mit dem Fußball der Frauen Geld verdienen können. Das ist davon abhängig, mit welcher Geschwindigkeit die Entwicklung vorangeht und welche Rahmenbedingungen vielleicht auch in der Fußballbranche an sich gesetzt werden müssen, damit der Fußball der Frauen analog der Männer Geld verdienen kann. Das sind Fragen wie: Wann wird gespielt? Wann wird übertragen? Wer macht das überhaupt? Da sind auch grundsätzliche Entscheidungen notwendig. Da wird sich in den kommenden Jahren einiges bewegen, da bin ich mir sicher.
Ein erster Schritt ist die Aufstockung der Bundesliga auf 14 Vereine ab der Saison 2025/26 …
Boris Liebing: Ich gehe nicht davon aus, dass das schon das Ende der Fahnenstange ist. Immer mehr große Klubs stoßen dazu. Der VfL Wolfsburg und Bayern München sind schon an der Spitze. Eintracht Frankfurt war durch die Übernahme des 1. FFC Frankfurt ohnehin dabei, RB Leipzig wird irgendwann dazu kommen. Ich glaube, da steckt noch viel Potenzial drin.
Schalke spielt in dieser Saison erstmals in der vierthöchsten Spielklasse. Was ändert sich dadurch für Sie?
Liebing: Die Westfalenliga ist für uns komplettes Neuland - auch von der Spielstärke her. Wir hatten mit diesen Vereinen bislang keine Berührungspunkte. Viele der kleineren Vereine finden es spannend, dass wir jetzt dabei sind und machen aus den Spielen ein Event. Wir haben einen beinahe komplett neuen Kader und werden wieder ambitioniert sein. Aber der Aufstieg ist kein Muss.
Rühl-Hamers: Die Westfalenliga ist schon ein richtig gutes Niveau. Wir versuchen deshalb immer wieder das Leistungsniveau für unsere Spielerinnen anzupassen und sind in einem engen Austausch mit den Trainern und Athletiktrainern, um die mit unseren Mitteln bestmögliche Rahmenbedingungen zu bieten. Da haben wir andere Möglichkeiten als viele Vereine, die mit uns in einer Liga sind. Aber wir spielen erstmals auch gegen den BVB, der natürlich ebenfalls aufsteigen möchte.
Wann plant Schalke den Aufstieg in die Bundesliga?
Rühl-Hamers: Wir gehen das behutsam an. Deshalb haben wir eben – ähnlich wie der BVB - auch genau diesen Einstieg in der Kreisklasse gewählt. Wir wollen, dass der Fußball der Frauen bei uns organisch wächst und wollen dabei auch das Gelsenkirchener Umfeld stärken. Denn am Ende bringt unser Plan, dass wir in einigen Jahren viele Talente aus dieser Region gewinnen zu können nur etwas, wenn der Fußball der Frauen sich hier grundsätzlich wieder etabliert. Wir haben von vornherein gesagt, es bringt nichts, wenn der Fußball der Frauen nur auf Schalke wächst. Um uns herum sollen viele mitwachsen. Es ist eher ein Marathon als ein Sprint. Das war und ist uns bewusst.
Aber das Ziel besteht schon?
Rühl-Hamers: Perspektivisch ist das Ziel, Bundesliga zu spielen. Es ist aber nicht so, dass wir einen konkreten Jahresplan haben, dass unser aktuelles Westfalenligateam jedes Jahr aufsteigen muss. Dann müssten wir viel stärker finanziell eingreifen und Mittel zur Verfügung stellen, damit das überhaupt möglich ist. Dazu gehören auch infrastrukturelle Entscheidungen, die wir als Vorstand noch gar nicht treffen konnten. Deshalb bringt es uns auch nichts, wenn wir zu schnell ganz oben ankommen, und die Strukturen noch nicht mitgewachsen sind. Brauchen wir zum Beispiel ein eigenes Stadion oder nicht? Aktuell spielen wir in der Glückauf-Kampfbahn.
Im dritten und letzten Teil des Interviews mit Christina Rühl-Hamers und Boris Liebing geht es um die "kleinen" Vereine wie die SGS Essen, die fortschreitende Professionalisierung und die eigene Verantwortung.