„Das ist ein normaler Vorgang. Der Staffelleiter musste diesen Fall weitergeben, so lange nicht geklärt ist, wo das Verschulden lag“, sagt der Spruchkammer-Vorsitzende Dirk Dunschen. Mit Unterstellungen gegenüber einem Verein habe dies nichts zu tun. Dennoch wittert Genclikspor unbegründete Verdächtigungen. „Wo bleibt da die Neutralität“, fragt Geschäftsführer Erol Bal. Mögliche Entscheidungen sind eine Neuansetzung oder eine Wertung der Partie, in diesem Fall für die Gastmannschaft aus Nette. Deren Trainer Bernd Krämer sagt: „Ich rechne mit den drei Punkten.“ Denn: „Das roch nach Manipulation. Ich hatte den Eindruck, dass die einfach nicht genug Spieler hatten.“ Eine verständlicherweise andere Version geben die Castroper Gastgeber zu Protokoll.
Eine kurze Chronologie der Geschichte, die zeigt, was für bunte Blüten Amateurfußball mitunter treiben kann.
August: Der Staffelleiter der Bezirksliga 15 besetzt diese Partie nicht im Voraus, sondern vermerkt sie mit dem Zusatz „FLVW“. Das bedeutet, der Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen (FLVW) informiert den gastgebenden Verein relativ kurzfristig über den Schiri, den er ansetzen möchte. Der Verein muss den Unparteiischen daraufhin anschreiben und ihn einladen. „Das ist bei so genannten Risikospielen üblich, war aber in diesem Fall eher ein Zufall“, sagt Dirk Dunschen. „Denn Probleme gab es mit diesen Vereinen noch nicht.“
Dienstag, 5. Dezember: Beim SV Yeni Genclikspor ist noch keine Mitteilung über den angesetzten Schiedsrichter eingetroffen. Geschäftsführer Erol Bal vereinbart mit seinen Vorstandskollegen, selbst aktiv zu werden.
Mittwoch, 6. Dezember: Erol Bal ruft Staffelleiter Karl-Heinz Messerschmidt an. "Er gab mir die Nummer des Schiedsrichter-Obmanns im Kreis Herne und versprach, sich selbst auch noch zu kümmern", sagt Bal. Bis zum Wochenende erreicht der Yeni-Geschäftsführer den Zuständigen Markus Häbel jedoch nicht. "Da Herr Messerschmidt sagt, er kümmert sich, dachte ich es wäre O.K."
Sonntag, 10. Dezember: Der Spieltag. Als bis etwa 13.30 Uhr kein Schiri erscheint, dämmert den beiden Vereinen, dass hier etwas nicht stimmen kann. Karl-Heinz Messerschmidt ist wegen eines entladenen Handy-Akkus nicht zu erreichen. "Ich habe dann den Schiedsrichter des Vorspiels angesprochen, ob er pfeifen möchte", sagt Nettes Trainer Bernd Krämer. Der mit einem A-Kreisliga-Schein ausgestattete Spielleiter erklärt sich grundsätzlich bereit, gibt aber zu bedenken, dass er erst mit seinem Obmann sprechen müsse. Als Staffelleiter Messerschmidt dann doch am Sportplatz erscheint, ändert der Aushilfs-Schiri seine Meinung plötzlich. „Er war sich nicht sicher, ob er 180 Minuten am Stück pfeifen kann und ihm fehlte das OK von seinem Obmann“, berichtet Erol Bal. Der eigentlich angesetzte Schiri blieb weiter unauffindbar. Die Idee der Netter, einen früher in der zweiten Liga aktiven Betreuer pfeifen zu lassen, lehnen die Gastgeber als „aberwitzig“ ab.
Bal sieht keinen Anlass, das Spiel zugunsten der Netter zu werten. „Wir haben doch kein Interesse, die Partie nicht stattfinden zu lassen. Im Gegenteil: Unsere Vorbereitungen auf das Heimspiel waren doch jetzt umsonst.“
Staffelleiter Messerschmidt wollte die Version des Genclikspor-Geschäftsführers mit Hinweis auf ein „laufendes Verfahren“ weder bestätigen noch dementieren. Er sagte jedoch: „Es gab widersprüchliche Aussagen.“
Nun ist Spruchkammer-Vorsitzender Dunschen am Zug. Er muss das Verschulden für den Spielausfall prüfen. Für die beiden Vereine hat die Begegnung vom 16. Spieltag damit ein Nachspiel, ohne dass sie überhaupt stattgefunden hat.